05 Blei­be­per­spek­tive

ein beitrag von

  • Simon Sperling

Seit 2015 gewann das Konzept der ‚Bleibeperspektive‘ migrationspolitisch an Popularität. Genutzt wurde es, um Asylsuchende bei der Gewährung von Integrationsleistungen bereits vor Abschluss des Asylverfahrens zu selektieren. Doch fand der Begriff auch schon vorher vereinzelt in der migrationswissenschaftlichen Literatur sowie familien- und integrationspolitischen Rechtsdokumenten Verwendung. Nach 2015 verbreitete sich der Begriff stark und er wurde auch in anderen Bereichen wie der Asylpolitik, der Arbeitsmarktpolitik, der Kriminologie und der Diskriminierungskritik übernommen. Ziel des Beitrags ist es, das Aufkommen des Begriffs ‚Bleibeperspektive‘ nachzuzeichnen und seine Bedeutung in unterschiedlichen Gebrauchskontexten herauszuarbeiten. Hierzu rekonstruiere ich, welchen Gruppen jeweils eine ‚gute‘ bzw. eine ‚schlechte Bleibeperspektive‘ zugeschrieben wird, welche Bedeutung das Konzept in unterschiedlichen diskursiven Kontexten erhält und welche Effekte diese Kategorisierungen haben. In der Zusammenschau wird die politische Dimension aufenthaltsprognostischer Zuschreibungen deutlich, die nicht einfach als neutrale Abschätzung verstanden werden können. Sie sind stattdessen Teil gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse und werden genutzt, um Ein- oder Ausschlüsse zu rechtfertigen. Im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung verringert die Zuweisung von ‚schlechten Bleibeperspektiven‘ hierbei tendenziell die faktischen Aufenthaltschancen. Dies verdeutlicht den politisch-performativen Charakter der Kategorisierungspraxis und damit auch die Notwendigkeit zu einem reflexiven Umgang bei der Verwendung des Begriffs.

Aufent­halts­pro­gno­sen und der Begriff der ‚Blei­be­per­spek­ti­ve‘

Aufenthaltsprognosen, d.h. Versuche, den künftigen Verbleib von Personen vorherzusagen, gehören schon seit langer Zeit in das Repertoire von Techniken, die Staaten nutzen, um Migration regierbar zu machen.1 Ebenso lange sind sie Gegenstand politischer Auseinandersetzungen um die Verteilung von Ressourcen und die Zuschreibung von Zugehörigkeiten. Ab den späten 1950er Jahren etwa führte die Regierung der Bundesrepublik Deutschland die tatsächliche oder vermeintliche ‚Rückkehrorientierung‘ der sogenannten Gastarbeiter:innen ein, um den Anspruch auf weitergehende soziale Rechte zu beschränken (vgl. Stokes 2019: 32). Dabei verwies schon das Wort ‚Gast‘-Arbeiter:in auf das Moment der Rückkehr und die damit verbundene geringe Bleibewahrscheinlichkeit. In ganz ähnlicher Weise wie bei der ‚Rückkehrorientierung‘ nutzen Bundesgerichte und Exekutive den Begriff der ‚Bleibeperspektive‘, um Aus- bzw. Einschlüsse zu begründen. Wie im Folgenden gezeigt werden soll, standen auch hier Aufenthaltsprognosen im Zentrum eines Konflikts um Ressourcen, Zugehörigkeit und Teilhabe.

‚Blei­be­per­spek­ti­ve‘ als Grup­pen­ka­te­go­rie in der Migra­ti­ons- und Asyl­po­li­tik

In der migrationswissenschaftlichen Literatur fand der Begriff der ‚Bleibeperspektive‘ vereinzelt schon mindestens seit den 1980er Jahren Verwendung (vgl. z.B. Choe/Daheim 1987). Seit Anfang der 2000er Jahre findet er sich auch in den Erläuterungen zu Bundesgesetzen sowie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Sperling i.E. a). Erstmals genutzt wurde er hierbei im Zusammenhang mit den Familienleistungen: Erziehungsgeld, Elterngeld, Kindergeld und Unterhaltszuschuss (Bundesregierung 2006 [BT-Drs.2 16/1368: 14] u. BVerfGE3 v. 10.07.2012, BVerfGE 132, 72ff. u. v. 04.12.2012, BVerfGE 132, 360ff.). Zudem fand der Begriff Eingang in die Gesetzgebung zu Integrationskursen (Bundesregierung 2004 [BT-Drs.15/3984]), BafÖG und Berufsausbildungsbeihilfe (Bundesregierung 2007 [BT-Drs.16/5172]). Entsprechende Leistungen sollten nur diejenigen Personen erhalten, von denen erwartet werden könne, dass sie dauerhaft in Deutschland bleiben würden – ein Grundsatz, der sich etwa bei den Familienleistungen schon lange vor Verwendung des Begriffs ‚Bleibeperspektive‘ etabliert hatte und sich bis in die 1980er Jahren zurückverfolgen lässt (vgl. Öndül 2014: 17f.). Zu dieser Zeit war ‚Bleibeperspektive‘ jedoch eher ein Wort unter mehreren, das Gerichte und Bundesregierung nutzten, um den Betreffenden Bleibechancen zu- bzw. abzusprechen.

Grundsätzlich umstritten blieb bei der Zuschreibung dieser Aufenthaltsprognosen stets, welchen Gruppen nun ‚gute‘ oder ‚schlechte‘ Bleibewahrscheinlichkeiten bzw. „Bleibeperspektiven“ beigemessen werden sollten (Bundesregierung 2006 [BT-Drs. 16/1368: 14] u. BVerfGE v. 10.07.2012, BVerfGE 132, 72ff., Rn. 29 u.a. u. v. 04.12.2012, BVerfGE 132, 360ff., Rn. 25 u.a.). So bestimmte der Bundestag etwa seit den 1980er Jahren häufig Kriterien für die Vergabe von Familienleistungen, die dann nach Entscheidungen des Bundessozial- sowie des Bundesverfassungsgerichts immer wieder revidiert werden mussten. Diskutierte Prognosekriterien waren hierbei die Staatsbürgerschaft der Betreffenden, unterschiedliche Aufenthaltstitel, Voraufenthaltsdauer, Arbeitserlaubnis sowie die faktische Arbeitstätigkeit (vgl. Öndüll 2014: 124). Asylsuchende im laufenden Verfahren waren ab dieser Zeit aber grundsätzlich von Familienleistungen ausgeschlossen, weil ihnen zu geringe Bleibechancen beigemessen wurden – eine Einschätzung, die auch für die meisten Integrationsprogramme des Bundes leitend war.

Diese Situation änderte sich 2014/15 im Zuge des sogenannten langen Sommers der Migration. War der Begriff der ‚Bleibeperspektive‘ vorher eher vereinzelt gebraucht worden, so nahm seine Nutzung in medialen Darstellungen und migrationspolitischen Programmen nun massiv zu. Die Bundesregierung verwendete den Begriff, um die Antragstellenden bereits vor Abschluss der Asylverfahren zu unterteilen. Dementsprechend wurde einem Teil der Asylsuchenden eine ‚gute Bleibeperspektive‘ zugesprochen, der Zugang zu Integrationskursen (§ 44 AufenthG4), Sprachkursen (§ 45a II AufenthG), Freiwilligendiensten (§ 18 I BFDG5) sowie Arbeits- und Ausbildungsförderung (ehemals §§ 131 u. 132 SGB III6) erhalten sollte (vgl. Voigt 2016: 246). Asylsuchenden, denen eine ‚schlechte Bleibeperspektive‘ beigemessen wurde, erhielten zu diesen Leistungen dagegen keinen Zugang. Sie bekamen zudem mancherorts auch keine Arbeitserlaubnisse (vgl. Mittler 2017), wurden in besonders restriktive Unterbringungsformen verlegt oder waren mit beschleunigten Asylverfahren konfrontiert (vgl. BT-Drs. 19/4103). Besonders umfangreich waren dabei die Restriktionen für Asylsuchende aus den sogenannten ‚sicheren Herkunftsstaaten‘, die nun in vielen Regelungen die unterste Gruppe in einem „Dreiklassensystem“ (Voigt 2016: 250) von zugeschriebenen Bleibewahrscheinlichkeiten bildeten. Hierunter fallen seit 2015 alle Asylantragsteller:innen aus Ghana, Senegal, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, (Nord-)Mazedonien und Serbien.7

Im Gegensatz zum Konzept der ‚sicheren Herkunftsstaaten‘, das verfassungsrechtlich verankert ist, wurde der Begriff der ‚Bleibeperspektive‘ rechtlich niemals genau definiert. In verschiedenen Bundesgesetzen ist stattdessen lediglich davon die Rede, dass ein ‚dauerhafter und rechtmäßiger Aufenthalt zu erwarten‘ sein muss, um die jeweiligen Leistungen zu erhalten. Diese Formulierung wurde dann bei Gesetzesbegründungen und in der Verwaltungssprache häufig als ‚Bleibeperspektive‘ übersetzt und über Ministerialverordnungen näher bestimmt. Hierzu bezieht sich die Bundesregierung auf herkunftslandspezifische Schutzquoten, die darüber Auskunft geben, wie hoch die durchschnittlichen Schutzanerkennungsraten von Asylsuchenden aus einem bestimmten Herkunftsland im Asylerstverfahren sind. Gemäß der Ministerialdefinition haben nur diejenigen Asylsuchenden eine gute ‚Bleibeperspektive‘, die aus Ländern stammen, bei denen diese Quote über 50 % beträgt. Dies sind seit Januar 2022 Asylsuchende aus Syrien, Eritrea, Somalia und Afghanistan. Bei allen anderen Asylsuchenden wird dagegen kein ‚dauerhafter und rechtmäßiger Aufenthalt erwartet‘, weshalb sie, solange sie sich im Asylverfahren befinden, keinen Zugang zu den Leistungen erhalten.

Während sich der zukünftige Aufenthalt von Menschen prinzipiell nicht vorhersagen lässt, suggeriert gerade die Überführung der prognostischen Zuschreibung in ein mathematisches Modell eine Form von Neutralität und Präzision, die bei näherem Hinsehen fragwürdig ist. So kritisiert Claudius Voigt (2016: 248), dass die berechnete Gesamtschutzquote nur einen Teil derjenigen Asylsuchenden miteinbezieht, die letztlich langfristig im Land bleiben. Neben Asylanträgen, bei denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Schutzstatus zuerkennt (2015 bei Afghan:innen8 47,6 %), und neben jenen, die es nach inhaltlicher Prüfung ablehnt (2015 bei Afghan:innen 13,7 %), existiert ein nicht geringer Teil an Anträgen, die die Behörde aus formalen Gründen ablehnt (2015 bei Afghan:innen etwa 38,6 %). Hierbei handelt es sich laut Abschätzung von Voigt überwiegend um Fälle, bei denen das Asylverfahren eingestellt wurde, weil aufgrund der Dublin-Regulierung andere EU-Staaten zuständig waren. Faktisch erfolgt die nach Dublin-Verfahren vorgesehene Überstellung in andere EU-Staaten aber sehr häufig nicht (bei Afghan:innen wurden bezogen auf die Zahl der Asylentscheidungen nur 2,8 % in ein anderes EU-Land überstellt), weshalb auch diese Antragsteller:innen einen Daueraufenthalt in Deutschland erhalten können. Bei der Berechnung von Gesamtschutzquote und ‚Bleibeperspektive‘ sind sie aber nicht enthalten, was eine umso geringere Anerkennungsquote suggeriert und somit auch die Zahl derer, die potenziell entsprechende Integrationsleistungen beziehen können, verringert.

Hinzu kommt, dass viele Menschen auch nach Ablehnung im Asylerstverfahren langfristig in Deutschland bleiben. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn abgelehnte Antragsteller:innen einen Aufenthaltstitel über das Klageverfahren erhalten, wenn sich alternative Aufenthaltstitel z.B. durch Integrationsleistungen (§ 25a u. b AufenthG) oder Heirat ergeben oder wenn längerfristige Abschiebehindernisse bestehen. Von den 546.000 in Deutschland lebenden Menschen, deren Asylverfahren irgendwann einmal abgelehnt wurde, hatten 46,7 % im Jahr 2015 einen unbefristeten Aufenthaltstitel, 35,6 % ein befristetes Aufenthaltsrecht und nur 17,7 % waren weiterhin ausreisepflichtig bzw. geduldet (Voigt 2016: 247f.). Die Zuschreibung von ‚Bleibeperspektiven‘ ist insofern keine rein technische Zustandsbeschreibung, die aus dem faktischen Verbleib abgeleitet wird, sondern Ergebnis einer politischen Entscheidung.

Politisch ist die Zuweisung von Leistungen aber auch insofern, als sich die Bundesregierung bei der Leistungsverteilung nur in Teilen an die eigenen Kriterien hielt. 2015 wurden so etwa Asylsuchende, die aus Herkunftsstaaten kamen, aus denen nur wenige Personen in Deutschland Asyl suchten (wie z.B. Ruanda, Myanmar und Usbekistan), von den Teilhabemöglichkeiten ausgeschlossen (vgl. ebd.: 247). Hier spielte es keine Rolle, dass deren durchschnittliche Schutzquoten gemäß den Berechnungen der Regierung bei über 50 % lag.

Noch grundlegender lässt sich kritisieren, dass sich der Verbleib im Land grundsätzlich nicht vom aufenthaltsrechtlichen Status ableiten lässt (vgl. Sperling i.E. b). Einerseits gibt es Menschen, die als (vorübergehend) Illegalisierte in Deutschland bleiben, andererseits emigrieren auch Personen mit festen Aufenthaltstiteln bzw. deutschem Pass. Während bei Migrierten mit vermeintlich ‚schlechter Bleibeperspektive‘ häufig im Sinne einer Verwertungslogik argumentiert wird, dass sich die Bildungsinvestition in die betreffende Gruppe nicht lohne, werden derartige Überlegungen bei als deutsch geltenden Menschen heutzutage in der Regel nicht angestellt. Grund dafür ist, dass die Zuschreibung von Aufenthaltsprognosen fest mit einer hegemonialen Ordnung „ethno-natio-kulturell codierte[r] Zugehörigkeitsverhältnisse“ (Mecheril 2018: 316) verbunden ist. Bei Personen, deren Zugehörigkeit in der Vergangenheit bzw. Gegenwart aufgrund von Staatsbürgerschaft oder kulturellen Kriterien als fraglos gilt, wird auch eine künftige Zugehörigkeit angenommen. Sogar für deren potenzielle Nachkomm:innen gilt der zukünftige Verbleib auf dem Territorium – und damit verbunden deren zukünftige Zugehörigkeit – als so selbstverständlich, dass die Frage nach der ‚Bleibeperspektive‘ in aller Regel nicht gestellt wird, und wenn doch, so ergeben sich daraus für die betreffenden Personen meist keine negativen Konsequenzen. Umgekehrt bleibt der umkämpfte Zugehörigkeitsstatus von Asylsuchenden auch bei ‚guter Bleibeperspektive‘ prekär und die anfänglichen Zugänge zu staatlichen Leistungen und gesellschaftlicher Teilhabe können etwa im Falle eines negativen Asylbescheids wieder verwehrt werden.

Anwen­dungs­kon­texte und diskur­sive Arti­ku­la­ti­o­nen

In den Rechtsdokumenten, in denen das Konzept der ‚Bleibeperspektive‘ vor 2015 genutzt wurde, ging es, wie schon die Auswahl der Programme nahelegt, vor allem um Fragen von Integrations-, Arbeitsmarkt- und Familienpolitik. Ziel der Prognosen zur Ermittlung einer „Bleibeperspektive“ (BVerfG v. 10.07.2012, BVerfGE 132, 72ff., Rn. 29 u.a.) war es, eine bestimmte Entwicklung der zukünftigen Bevölkerung in Deutschland zu fördern. So formulierte das Bundesverfassungsgericht bezüglich der Familienleistungen in seinem Urteil von 2012 zum Berechtigtenkreis von Erziehungs- und Elterngeld:

„Erziehungs- und Elterngeld ausschließlich den Eltern zu gewähren, die voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleiben, verfolgt indes einen legitimen Zweck, soweit der Gesetzgeber mit diesen Leistungen eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung in Deutschland fördern will, weil dieses Ziel bei Gewährung an Personen, die das Bundesgebiet bald wieder verlassen, verfehlt würde.“ (Ebd., Rn. 26)

Familienleistungen und ebenso, so könnte man argumentieren, Integrations- und Arbeitsmarktleistungen werden hier als Investition in die künftige Nation verstanden. Der voraussichtliche Aufenthalt auf dem Territorium soll in dieser nationalen Perspektive gewährleisten, dass entsprechende Mittel nicht ‚verschwendet‘ werden. Dagegen tritt die individuelle Lebenssituation der Menschen, die die Leistungen zum Leben benötigen, hinter die bevölkerungspolitische Kalkulation zurück.

Um die asylpolitische Relevanz des Konzepts ‚Bleibeperspektive‘ herauszuarbeiten, ist ein Vergleich mit den Gebrauchskontexten des Begriffs der ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ hilfreich. Vor 2015 lassen sich die Problembeschreibungen, mit denen die beiden Konzepte verbunden wurden, analytisch noch relativ gut voneinander trennen (vgl. Sperling i.E. a). Das Konzept der ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ wurde von internationalen Organisationen und europäischen Regierungen bereits seit den 1980er Jahren diskutiert und im Rahmen des sogenannten Asylkompromisses 1993 ins deutsche Grundgesetz eingeführt. Während bei Fragen der ‚Bleibeperspektive‘ die (Re-)Produktion der zukünftigen Bevölkerung im Vordergrund stand, zielten die Neuregelungen im Grundgesetz darauf, Asylsuchenden aus bestimmten Ländern die Legitimität ihrer Migrationsgründe abzusprechen oder ihnen gar vermeintlichen ‚Asylmissbrauch‘ vorzuwerfen. Dies lässt sich schon aus den Titeln von Kerndokumenten ablesen, die wegbereitend für die Einführung der ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ waren: „The problem of manifestly unfounded or abusive applications“ (UNHCR 1983), „Countries in which there is generally no serious risk of persecution“ (Council of the European Union 1992a) und „Manifestly Unfounded Applications for Asylum“ (Council of the European Union 1992b) – Problembeschreibungen, die sich dann auch in der späteren Gesetzgebung in Deutschland wiederfanden.

Ab 2015 kam es dann zu einer viel stärkeren diskursiven Verflechtung, wobei beide Konzepte mit den zwei Diskurssträngen verbunden wurden. Der Begriff der ‚Bleibeperspektive‘ wurde nun ebenso bei der Zuschreibung vermeintlich illegitimer Migrationsgründe genutzt, wie bei bevölkerungspolitischen Regulierungsversuchen, die Familienpolitik, Arbeitsmarkt- und Integrationsfragen zum Thema hatten. Die gleiche Verschränkung lässt sich auch bei der Verwendung des Konzepts der ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ beobachten. So nutzte die Bundesregierung ab 2015 das Konzept, als sie zunehmend versuchte, Asylsuchende bereits im laufenden Verfahren unter arbeitsmarkt- und integrationspolitischen Gesichtspunkten zu regulieren (vgl. Bojadžijev u.a. 2017: 12). In neueren rechtlichen Regelungen wurden dem entsprechenden Personenkreis besonders geringe Aufenthaltschancen zugesprochen, was ihren Ausschluss aus Integrationsprogrammen begründete. Dementsprechend lassen sich seit 2015 die Kategorien ‚Bleibeperspektive‘ und ‚sichere Herkunftsstaaten‘ bezüglich ihrer Verwendungskontexte nicht mehr trennen. Häufig werden sie nun in einen Zusammenhang gestellt, wobei Regierungsakteure Asylsuchende aus ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ eine besonders schlechte ‚Bleibeperspektive‘ zuschreiben. Zugleich messen sie ihnen oft auch besonders ‚illegitime Asylgründe‘ bei und betrachten es als besonders unrentabel, ihnen Leistungen zu gewähren.

Abseits von administrativen Überlegungen wird der Begriff der ‚Bleibeperspektive‘ auch in anderen gesellschaftlichen Feldern genutzt und dort mit alternativen Problembeschreibungen verknüpft. So findet er etwa seit 2015 in der kriminologischen Forschung zur sogenannten ‚Ausländerkriminalität‘ Anwendung. Hier wird unter anderem die These vertreten, dass Menschen mit ‚guter Bleibeperspektive‘ schon allein deshalb vor kriminellem Handeln zurückschreckten, weil sie ihre aufenthaltsrechtliche Situation nicht gefährden möchten (vgl. Pfeiffer u.a. 2018: 91). Menschen mit ‚schlechter Bleibeperspektive‘ dagegen seien perspektivlos, gerierten sich als „Glücksritter“ und entwickelten eine „Outlaw-Mentalität“ (Behrendes 2016: 328f.), was potenziell kriminelles Verhalten mit sich brächte. Diese prognostischen Argumente erklären kriminelles Verhalten über soziale Verhältnisse und unterscheiden sich insofern von kulturalistischen und dabei essentialisierenden Darstellungen, die Kriminalität aus einem vermeintlich unverrückbaren kulturellen Wesen der Migrierten ableiten. Gleichwohl weist auch die Rezeption des Konzepts ‚Bleibeperspektive‘ im kriminologischen Diskurs problematische Aspekte auf, die sich in abgewandelter Form ebenso in den Diskursen um Arbeitsmarktintegration und illegitime Migrationsgründe finden lassen. So stellt die Herkunft bzw. der Herkunftsstaat der betreffenden Personen in der Regel die Grundkategorie dar, nach der Aufenthaltschancen prognostiziert und, davon abgeleitet, kriminelles Verhalten erklärt wird. Dies verzerrt einerseits analytisch das Bild: Die Ableitung vermeintlicher oder tatsächlicher kriminogener Faktoren (Integrationswunsch, Perspektivlosigkeit, Glücksrittertum etc.) aus der Staatsangehörigkeit ist insofern unpassend, als die aufenthaltsrechtliche Situation, in der sich Migrant:innen mit derselben Staatsangehörigkeit befinden, stark divergieren kann. Andererseits werden im Sinne eines „Groupism“ (Brubaker 2006) negative Zuschreibungen wie ‚schlechte Humankapitalinvestition‘, ‚illegitime Migrationsgründe‘ und ‚kriminelles Verhalten‘ zu einem nationalen Typus verdichtet. Für die Betroffenen können diese Konstruktionen stigmatisierend wirken und Ausschlüsse (re-) produzieren.

Im Zuge der migrationspolitischen Entwicklungen nach 2015 spielten Zuschreibungen von Arbeitsmarktpotenzialen, (il-)legitimen Migrationsgründen und kriminellem Verhalten eine wichtige Rolle, um Asylsuchende schematisch in eine Positiv- bzw. eine Negativgruppe zu unterscheiden. Während Menschen mit ‚guter Bleibeperspektive‘ gerade zu Beginn des ‚Sommers der Migration‘ willkommen geheißen werden sollten, mobilisierten konservative Akteure von Anfang an gegen Asylsuchende mit ‚schlechter Bleibeperspektive‘, wobei sich die negativen Zuschreibungen teilweise auch mit tradierten Rassismen verschränkten. Als 2014/15 verstärkt Rom:nja aus den Balkanstaaten in Deutschland Asyl beantragten, weiteten Bundestag und Bundesrat die Liste der ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ auf die entsprechenden Herkunftsstaaten aus. Vor allem CSU-Politiker:innen heizten in diesem Zusammenhang den Ton der Debatte weiter an, indem sie behaupteten, dass es sich dabei angeblich um „Wirtschaftsmigration“ (Scheuer9 2015) und „massenhaften Asylmissbrauch“ (ebd. u. Seehofer10 2015) handeln würde. Wie Wolfram Stender (2016: 23f.) herausarbeitet, geht es hierbei um Behauptungen, die bruchlos an das alte antiziganistische Stereotyp des „armen, primitiven und asozialen Fremden“ anknüpften konnten.

Gleichwohl wirken sich nicht alle Zuschreibungen im Hinblick auf Menschen mit ‚schlechter Bleibeperspektive‘ negativ für die Betroffenen aus. So stehen die Ungleichbehandlung der betreffenden Gruppen sowie die sozialen Härten, die durch die Ausschlüsse entstehen, im Fokus öffentlicher Kritik. Zudem werden in Gegendiskursen die „Pauschalisierung“ (Dahmen u.a. 2017: 132) und die Typisierung nach Nationalitätskategorien, mit der sich Menschen mit ‚schlechter Bleibeperspektive‘ konfrontiert sehen, kritisiert und betont, dass diese der rechtlichen „Logik des individuellen Asylverfahrens“ widersprechen (Pichl 2016: 5). Zusammengenommen werden die Aspekte Pauschalisierung, Ungleichbehandlung und Ausschluss teilweise auch zu einem Diskriminierungsvorwurf verdichtet. Gegen die Selektion nach ‚Bleibeperspektive‘ forderte so beispielsweise die Geflüchteten-Selbstorganisation Women in Exile (2015), solche „Diskriminierungen abzuschaffen“. ‚Bleibeperspektive‘ wird hierbei als ein Zeichen für eine ungerechtfertigte Spaltung zwischen Asylsuchenden begriffen, der es entgegenzutreten gilt.

Effekte selbs­t­er­fül­len­der Prophe­zei­ung

Im Effekt ist ‚Bleibeperspektive‘ eine von vielen Kategorien, die zusammen ein komplexes System aufenthaltsrechtlicher und gesellschaftlicher Ein- und Ausschlüsse stützen. Diese Formation lässt sich auch als „differentielle Inklusion“ beschreiben (Mezzadra/Neilson 2013: 157). Gemeint ist hiermit nicht nur, dass unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen unterschiedliche Zugänge zu verschiedenen Ressourcen erhalten, sondern auch in unterschiedlicher Weise Regulationsversuchen unterworfen werden. Auch die ‚Integration‘ von Asylsuchenden mit ‚guter Bleibeperspektive‘ kann hierbei für die Betroffenen zum Problem werden, vor allem wenn sich hinter dem Integrationsbegriff eigentlich Aufforderungen zur Assimilation verbergen. Im Kontext der staatlichen Integrationskurse etwa sind Asylsuchende mit ‚guter Bleibeperspektive‘ zur Teilnahme an Sprachkursen verpflichtet und können bei Verstößen gegen diese Pflicht durch Leistungsentzüge sanktioniert werden.

Speziell an der Kategorisierung von Asylsuchenden nach ‚Bleibeperspektive‘ ist zudem, dass sie tendenziell im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung wirkt (vgl. Merton 1948). Die Zuschreibung von ‚schlechten Bleibeperspektiven‘ verschlechtert dabei die Chancen auf langfristige Aufenthaltstitel, während die Zuschreibung ‚guter Bleibeperspektiven‘ diese eher verstärkt. Dies liegt unter anderem an der Art, wie das Asylverfahren selbst ausgestaltet wird. So wendete das BAMF schon seit längerer Zeit verschiedene Strategien an, um Asylanträge nach Herkunftsländern zu priorisieren und bestimmte Antragsgruppen beschleunigt zu bearbeiten. Hierzu gehörten von Ende 2015 bis 2017 auch sogenannte Cluster-Verfahren, bei denen das BAMF Asylverfahren von Asylsuchenden mit ‚guter‘ sowie ‚schlechter Bleibeperspektive‘ beschleunigte, während es die Verfahren einer Mittelgruppe, die aus sogenannten ‚komplexeren Fällen‘ bestand, zurückstellte (vgl. BAMF 2016). Zusätzlich wurden ab 2016 „beschleunigte Verfahren“ nach § 30a des Asylgesetzes (AsylG) unter anderem für Menschen aus ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ eingeführt.

Beide Verfahren standen wiederholt in der Kritik von Wohlfahrtsverbänden und NGOs. Diese kritisierten insbesondere, dass Schnellverfahren die individuelle Situation der Antragstellenden mit ‚schlechter Bleibeperspektive‘ (bzw. aus ‚sicheren Herkunftsstaaten‘) zu wenig berücksichtigten (vgl. z.B. Amnesty International u.a. 2016; Pichl 2020). Als Grund hierfür wird angeführt, dass in den sogenannten Cluster-Verfahren Fälle von Asylsuchenden mit ‚guter‘ bzw. ‚schlechter Bleibeperspektive‘ bereits innerhalb von 48 Stunden entschieden werden sollten (BAMF 2016: 5). Sie wurden zudem an wenig erfahrene bzw. neu eingestellte Mitarbeiter:innen überwiesen (Pichl 2020: 89f.), wobei für die Bearbeitung 90 Minuten pro Fall angesetzt waren (Dummer 2018). Bei den ‚komplexeren Fällen‘ dagegen wurde doppelt so viel Bearbeitungszeit eingeräumt. Sie wurden von erfahreneren Mitarbeiter:innen übernommen und es gab keine zeitlichen Vorgaben wie bei der 48-Stunden-Regel. Diese Rahmenvorgaben dürften einer gründlichen Prüfung der Anträge von Asylsuchenden mit ‚guter‘ bzw. ‚schlechter Bleibeperspektive‘ eher im Weg gestanden haben. Zusätzlich vermuteten Kritiker:innen, dass die Kategorisierung nach ‚Bleibeperspektiven‘ sich auch auf die Vorannahmen der Entscheider:innen auswirkt (vgl. Pichl 2020: 90), was Pauschalurteile wahrscheinlicher macht. Dies alles wiegt umso schwerer, als es sich bei den Fällen von Asylsuchenden mit ‚geringerer Bleibeperspektive‘ keineswegs um weniger komplexe Fälle handelt (vgl. Deutsches Institut für Menschenrechte 2016: 99). So sollte die schutzrechtliche Prüfung auf kumulative Vorkommnisse, die in ihrer Systematik eine Verfolgung belegen können, gerade bei Asylsuchenden mit ‚geringerer Bleibeperspektive‘ relevant sein und in ihrer Durchführung viel Zeit benötigen. Hinzu kommt, dass es die hohe Verfahrensgeschwindigkeit schwieriger macht, vor oder nach der Anhörung Unterstützung von Sozialdiensten und Rechtsanwält:innen zu organisieren (vgl. Pro Asyl 2016: 5).

Speziell für Asylsuchende aus ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ gibt es auch für das Regelverfahren weitere Hürden (für eine Übersicht siehe Werdermann 2018: 11). Für sie gilt die Umkehr der Beweislast beim Nachweis von asylrelevanten Gründen, was die Schutzanerkennung zusätzlich erschwert. Außerdem werden ihre Anträge im Falle einer Ablehnung als ‚offensichtlich unbegründet‘ beschieden (§ 29a Abs. 1 AsylG). Dies hat eine Verkürzung der Klagefristen für die Antragstellenden zur Folge. Zudem haben Klagen keine aufschiebende Wirkung auf eine bevorstehende Abschiebung.

Neben diesen Hürden im Asylverfahren besteht ein weiteres Problem darin, dass arbeitsmarkt- und integrationspolitische Ausschlüsse, die mit dem Konzept der ‚schlechten Bleibeperspektive‘ einhergehen, die Chancen verringern, Aufenthaltstitel jenseits des Asylverfahrens zu erhalten. So ist es für die betreffenden Personen schwerer, einen Aufenthaltsstatus zu erhalten, bei dem unmittelbare Integrationsleistungen (§ 25a u. b AufenthG) verlangt werden. Negativ wirken sich die Ausschlüsse auch auf die Chancen bei Verfahren der Härtefallkommission (§ 23a AufenthG) aus, in der häufig ebenfalls eine ‚gute Integration‘ verlangt wird. Gleiches gilt für die Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG) bzw. Aufenthaltserlaubnisse nach § 19d AufenthG, die einen Arbeitsplatz voraussetzen. Personen aus ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ sind davon in besonderer Weise betroffen, weil sie explizit durch rechtliche Bestimmungen von den Ansprüchen ausgenommen werden und in der Regel keine Arbeitserlaubnis erhalten. Sogar bei der Verfestigung des Aufenthaltstitels über Vaterschaftsanerkennung gibt es für diese Gruppe Hürden, weil hier standardmäßig ein möglicher Missbrauch (§ 1597a BGB11) angenommen wird, wenn es sich bei einem der Elternteile um eine:n Asylsuchende:n aus einem ‚sicheren Herkunftsstaat‘ handelt.

Des Weiteren können sich auch eher informelle Ausschlüsse negativ auf die faktische Bleibewahrscheinlichkeit auswirken. In verdichteter Form lassen sich diese z.B. in den bayerischen Sonderaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende aus ‚sicheren Herkunftsstaaten‘ bzw. mit ‚geringer Bleibeperspektive‘ beobachten (vgl. Sperling/Muy 2021). Dabei werden in sogenannten Ankunfts- und Rückführungseinrichtungen (ARE) sowie in Transitzentren gesellschaftliche Ausschlüsse maximiert. Hierzu erklärte die bayerische Landesregierung 2017 explizit: „Neuankommende Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive sollen künftig nicht mehr bayernweit auf die Kommunen verteilt werden, um zu verhindern, dass sich der Aufenthalt verfestigt.“ (Bayerische Staatsregierung 2017: 7) Erreicht werden sollte dies unter anderem durch isolierende Maßnahmen wie etwa die Beschulung innerhalb der Einrichtungen. Die besonders restriktiven Unterbringungsformen können zudem im Sinne von Abschreckungsstrategien gelesen werden, die auf die subjektive Bleibewilligkeit der Betreffenden einwirken soll. Ergänzt werden diese mit behördlichen Beratungspraktiken, die den Bewohner:innen der Aufnahmeeinrichtungen frühzeitig eine Rückkehr ins Herkunftsland nahelegen (vgl. Sperling/Muy 2021: 272; Sperling 2022). Dennoch zeigen Geflüchtete immer wieder kreative Praktiken, um den Ausschlüssen und der Verringerung realer Bleibewahrscheinlichkeiten etwas entgegenzusetzen und Aufenthaltsmöglichkeiten einzufordern. Relevant sind dabei nicht zuletzt auch ihre eigensinnige Einschätzung von ‚Bleibeperspektiven‘ und der Wille, sich nicht über prognostische Fremdzuschreibungen regieren zu lassen.

Fazit

Aufenthaltsprognosen zielen ganz prinzipiell auf die Regierung der „zukünftige[n] Nation“ (Schultz 2016). Relevanz erhalten sie dabei innerhalb ganz unterschiedlicher Praxiskontexte. So wird der Begriff der ‚Bleibeperspektive‘ ebenso bei arbeitsmarkt- und integrationspolitischen Zielsetzungen in Anschlag gebracht wie bei der Zuschreibung (il-)legitimer Migrationsgründe, kriminologischen Diskussionen und diskriminierungskritischen Interventionen. Diese verschiedenen Logiken verstärken sich bei der Legitimation sozialer Ein- und Ausschlüsse manchmal gegenseitig. Sie können sich zuweilen aber auch diametral gegenüberstehen und so miteinander in Konflikt geraten. Gleiches gilt im Hinblick auf die Frage, welchen Referenzgruppen ‚Bleibeperspektiven‘ zu- oder abgesprochen werden. So verschoben sich über die Zeit und in Abhängigkeit von der jeweiligen politischen Position auch die Gruppendefinitionen. Vor dem Hintergrund dieser Gemengelage ergeben sich Formationen differenzieller Inklusion. Auch die tatsächliche Bleibewahrscheinlichkeit von Asylsuchenden ist dabei nicht einfach von der behördlichen Schutzquote abzulesen, sondern ist Resultat komplexer Aushandlungsprozesse. Speziell an der Kategorisierung nach ‚Bleibeperspektive‘ ist dabei, dass sie im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung tendenziell das verstärkt, was sie vorhersagt. Menschen, denen eine ‚schlechtere Bleibeperspektive‘ zugeschrieben wird, sind so mit vergleichsweise höheren Hürden konfrontiert, um ihren Aufenthalt zu verlängern bzw. einen besseren Aufenthaltstitel zu erlangen. Gleichwohl hat sich in der Vergangenheit häufig gezeigt, dass sich auch für Personen, denen zunächst ‚schlechte Bleibeaussichten‘ beigemessen wurden, am Ende doch Bleibemöglichkeiten ergaben.

Lite­ra­tur

Zum Weiterlesen

Dahmen, Dagmar/Koch, Miriam/Lede Abal, Daniel/Polat, Filiz (2017): „‚Gut‘, ‚schlecht‘, ‚unklar‘ – Die ‚Bleibeperspektive‘ und ihre Folgen für die Integration von Geflüchteten“, in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hg.): Einwanderungsland Deutschland: Bericht der Kommission „Perspektiven für eine zukunftsgerichtete und nachhaltige Flüchtlings- und Einwanderungspolitik“ der Heinrich-Böll-Stiftung, Schriften zur Demokratie, Berlin: Heinrich-Böll-Stiftung, S. 131–143.

Jobst, Paul (2016): Ad hoc Linguistic Analyses: „gute oder schlechte Bleibeperspektive“ – Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015, Duisburg: DISS.

Schultz, Susanne (2016): „Die zukünftige Nation. Demografisierung von Migrationspolitik und neue Konjunkturen des Rassismus“, in: Movements. Journal for Critical Migration and Border Regime Studies 1, S. 117–140.

Sperling, Simon/Muy, Sebastian (2021): „Lager – Prognosen – Labels. Zur Rolle der ‚Bleibeperspektive‘ im bayerischen Unterbringungssystem“, in: Julia Devlin/Tanja Evers/Simon Goebel (Hg.): Praktiken der (Im-)Mobilisierung. Lager, Sammelunterkünfte und Ankerzentren im Kontext von Asylregimen, Bielefeld: transcript, S. 261–279.

Sperling, Simon (im Erscheinen b): „Was bedeutet hier eigentlich ‚(nicht) bleiben werden‘? Zur Vieldeutigkeit aufenthaltsprognostischer Grenzen“, in: Borders in Perspective 6, Themenheft: Identities and Methodologies of Border Studies: Recent Empirical and Conceptual Approaches.

Voigt, Claudius (2016): „Die ‚Bleibeperspektive‘. Wie ein Begriff das Aufenthaltsrecht verändert“, in: Asylmagazin 8, S. 245–251.

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Zitierte Literatur

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Fußno­ten

  1. 1

    Im Königreich Hannover etwa versuchten Beamte im 19. Jahrhundert zu prognostizieren, ob Emigrant:innen nach der Auswanderung in die Amerikas vor Ort ihr ‚Fortkommen finden‘ würden. Hintergrund der Regelung war laut Plaß (2015: 300) die Furcht der Behörden, dass „Emigranten, die im Ausland gescheitert waren, völlig mittellos in ihre Heimat zurückkehrten und dort den Armenkassen zur Last fielen“. Die Ermittlung des künftigen ‚Fortkommens‘ im Auswanderungsland kann entsprechend dieser Lesart auch als aufenthaltsprognostisches Kriterium interpretiert werden.

  2. 2

    Bundestag-Drucksache.

  3. 3

    Bundesverfassungsgericht.

  4. 4

    Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet.

  5. 5

    Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst.

  6. 6

    Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung –.

  7. 7

    Ebenso sind alle EU-Länder als ‚sichere Herkunftsstaaten‘ eingestuft. Allerdings haben EU-Bürger:innen andere Mobilitäts- und Teilhaberechte und müssen daher fast nie das Asylverfahren durchlaufen.

  8. 8

    Afghan:innen galten zu diesem Zeitpunkt noch als Asylsuchende ohne ‚gute Bleibeperspektive‘. Des änderte sich erst im Januar 2022.

  9. 9

    Andreas Scheuer war zu dieser Zeit CSU-Generalsekretär

  10. 10

    Horst Seehofer war zu dieser Zeit CSU-Vorsitzender sowie bayerischer Ministerpräsident.

  11. 11

    Bürgerliches Gesetzbuch.

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