33 Rasse/race

ein beitrag von

  • Maria Alexopoulou

Braucht moderne Rassismusforschung das Konzept ‚Rasse‘ – gerade auch mit Blick auf die (deutsche) Migrationsgeschichte? Folgender Beitrag bejaht diese Frage, allerdings unter der Bedingung, dass der semantische Unterschied zwischen race als einem sozialen, historisch gemachten und sich wandelnden Konstrukt und „Rasse“ als (gedachter) natürlicher Kategorie klar umrissen wird. Das Analysekonzept race erfasst jene rassistischen Wissensbestände und Praktiken, die in einer sich als homogene Herkunfts-Einheit verstehenden Gesellschaft aus Migrant:innen ungleichwertige Andere machen. Im post-kolonialen, post-nationalsozialistischen und post-„rassischen“ Deutschland wirkten diese Wissensbestände und Praktiken subkutan und wurden durch andere Wissensordnungen erklärt. Das trug dazu bei, aus der vermeintlichen Absenz des „Rasse“-Begriffs die Absenz dieses historischen Großphänomens zu postulieren.

Begriff­li­che Lücken

Ob der Begriff ‚Rasse‘1 ohne die rassistischen Morde in Hanau im Februar 2020, die Black-Lives-Matter-Bewegung im Sommer 2020 und die präzedenzlose Rassismusdebatte, die diese Ereignisse auslösten, überhaupt in dieses migrationshistorische Inventar aufgenommen worden wäre? 2 Davor hatten sich selbst rassismuskritische Migrationsforscher:innen in Deutschland mit ‚Rasse‘ bzw. race nur wenig konzeptionell auseinandergesetzt. ‚Rasse‘ war vielmehr gerade im deutschsprachigen Kontext das Unwort an sich, das den rassismuskritischen Ansatz und Rassismusforschung, die auf die Geschichte und Gegenwart der Einwanderungsgesellschaft Deutschland bzw. deren Migrationsgeschichte fokussierte, mehr oder minder verunmöglichte (z.B. Barskanmaz 2011). Dagegen dominierte die Auffassung, dass die „Kontamination“ des Begriffs ‚Rasse‘ durch den Nationalsozialismus seine Nutzung als analytisches Konzept in Deutschland nicht zulasse, schon gar nicht in Bezug auf Migration (Berg/Schor/Sotto 2014: 807).

Das „Drohwort Rasse“ (Tsianos 2020) hat also durchaus einen Anteil an der prekären Lage der Rassismusforschung (Alexopoulou 2021a) sowie der allgemeinen „Verknappung“ des Rassismusbegriffs (Bojadžijev 2015: 49) in Deutschland. Diese Lücken tragen wiederum zur terminologischen Verwirrung um die Begriffe ‚Rasse‘/race und Rassismus bei, insbesondere im politischen, medialen und akademischen Mainstream. Allerdings sind diese Begriffe selbst in der Rassismusforschung nicht klar definiert; ob ‚Rasse‘ bzw. race überhaupt ein notwendiges analytisches Konzept darstellt und wenn ja, was es genau bedeutet, wird innerhalb der unterschiedlichen Denkschulen ebenso uneinheitlich bewertet wie die Frage, ob es durch ‚Rassialisierung‘ oder ‚rassistische Differenz‘ ersetzbar ist (Hund 2016; Tsianos 2020; Liebscher 2021, bes. 143–149, 460ff.).3

Kein Wunder also, dass auch lebensweltlich kein geschärftes Bewusstsein darüber vorhanden ist, was ‚Rasse‘/race bedeuten. Der Blick auf die zahllosen medialen ‚Aufregungsdiskurse‘ lohnt dennoch, da in ihnen erkennbar wird, welche Wissensbestände darüber aktuell kursieren. So gewinnt man etwa bei der Analyse der verbalen Attacken des Comedians Dieter Nuhr gegen die Sachbuchautorin Alice Hasters im November 2020 den Eindruck, dass „Rasse“ durchaus noch als eine reale Differenzkategorie verstanden wird. Nuhr hatte Hasters in seiner TV-Sendung wegen ihres Buchs „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen“ angegriffen und ihr Rassismus gegenüber „Weißen“ (wie ihm selbst) vorgeworfen. Wenn „Einzelpersonen aufgrund von Gruppenzugehörigkeit“ von Einzelpersonen einer anderen Gruppe – also „Rasse“ – diskriminiert würden, dann sei das Rassismus. Das dürfte die Logik sein hinter Nuhrs Vorwurf an Alice Hasters, sie sei selbst eine Rassistin,4 eine Argumentation, die im Grunde auf die Idee eines naturförmigen, anthropologisch gegebenen Hasses (und Kampfes) zwischen den „Rassen“ zurückgeht, was dann als Rassismus verstanden wird. Dabei ignorieren Nuhr und andere ähnlich Denkende offenbar, dass die Autorin weiß wie Schwarz5 als soziale Konstrukte versteht, die in asymmetrischen Machtverhältnissen zueinander stehen, und nicht (primär) als phänotypische Differenzen, die zwei oder mehrere kategorial verschiedene Menschengruppen ausmachen.

Der aktuellen Rassismusdebatte in Deutschland wäre es sicherlich zuträglich, wenn dieser semantische Unterschied zwischen race als einem sozialen, historisch gemachten und sich wandelnden Konstrukt und „Rasse“ als (gedachter) natürlicher Kategorie bewusst wäre. Darüber hinaus wäre es auch mit Blick auf die historisch gewachsenen Realitäten einer herkunftsheterogenen Einwanderungsgesellschaft nötig, in der gerade aufgeregt geführten Debatte darüber, was als Rassismus bezeichnet werden kann und was nicht, folgende übergreifenden Fragen zu fokussieren: Wer verkörpert und definiert die Norm und die Abweichung und damit das Andere? Wer hat die Definitions- und sonstige Macht innerhalb des gegebenen Systems? Welche sozialen und (macht)politischen Praktiken produzier(t)en diese „splittings“6 und welche Folgen hatten und haben diese in der langen Dauer?

Gerade der mit diesen Fragen adressierte Machtaspekt, der trotz aller Unterschiede für alle modernen Rassismustheorien konstitutiv sein dürfte, erklärt auch, warum es aus einer rassismuskritischen Perspektive kaum Sinn ergibt, über „Rasse“/race zu schreiben, ohne gleichzeitig Rassismus mitzudenken. Denn trotz der wechselvollen und langen Geschichte des Begriffs ‚Rasse‘, der etymologisch auf das spanische ‚raza‘ und sinngemäß gar in die Antike zurückgeführt werden kann (z.B. Wulff 2016), ist diese Kategorie seit der Hoch-Zeit der Rassismen, die ereignishistorisch im ‚Dritten Reich‘ gipfelte und vermeintlich das Ende des Rassismus und der „Rasse“ zumindest in Deutschland bedeutete, untrennbar damit verbunden.

Im Folgenden wird es zunächst um Bedeutungsdimensionen von „Rasse“ und race und deren Unterscheidung gehen, um anschließend kurz zu umreißen, wie diese Wissensbestände im Blurring mit anderen Konzeptionen weiterwirkten.

„Rasse“/race als Dicho­to­mie und Konti­nuum

Im englischsprachigen Kontext, in dem bislang die meisten Theorien, Texte und Artikulationen sowie Kämpfe um und über race als soziales und historisch produziertes Konstrukt entstanden sind, insbesondere im Rahmen der critical race theory, wird race gleichzeitig recht unbefangen als Gruppenbezeichnung verstanden und benutzt, sei es affirmativ als aktivistisch-widerständige, empowernde und identitätsstiftende Selbstbezeichnung, sei es als scheinbar neutrale Kategorie der Statistik oder als explizit rassistische Vokabel durch white supremacists.

Es wäre ein hilfreicher methodischer Kniff, wenn man sich im Deutschen zumindest in der Forschung auf race als Begriff verständigen könnte, um damit die sozialen Konstrukte zu bezeichnen, die innerhalb rassistischer Kontexte/Systeme wirksam sind und diese fundieren bzw. die in Rassialisierungsprozessen entstehen. „Rasse“ würde man dann nur für die Benennung des Phantasmas einer natürlichen Kategorie verwenden. Die Frage ist allerdings, ob in der konkreten Anwendung tatsächlich diese trennscharfe Unterscheidung zwischen analytischem Konzept und den historisch gewachsenen Begriffsdimensionen möglich wäre.

„[C]oncepts of race and racism have no fixed and unchanging meaning“ (Solomos/Back 1996: 31): Diese Beobachtung bezieht sich gleichermaßen auf die rein konzeptuelle Ebene wie auf die Empirie, weshalb die kontinuierliche wissenschaftliche Neu-/Re-Konzeptionierung von race und Rassismus in ihrem jeweiligen zeitlichen und räumlichen Kontext eine Notwendigkeit darstellt, gerade weil es sich um ein soziales Konstrukt handelt und die Formen der Vergesellschaftung, die es fundiert, sich wandeln müssen, um aktuell zu bleiben. Daher kann die genaue Rolle und Ausprägung sowie die jeweilige Benennung von race gerade im post-„rassischen“ Zeitalter, in dem wir uns wähnen, erst im jeweiligen Zusammenhang erschlossen werden.

Das galt auch für die seit den 1980er Jahren von Forscher:innen in Europa beobachteten und als new racism (Barker 1981) bezeichneten Rassismusformen, die das Konzept ‚Rasse‘ bewusst oder unbewusst meiden und es mit Differenzkategorien wie Kultur, Nation, Ethnie/Volk oder mit Religion (bzw. explizit Islam) ersetzen, womit diese die Funktion von race annehmen und „Rasse“ als Begriff obsolet machen. Stuart Hall interpretiert derartige Austauschprozesse als Ausdruck der Wirkmächtigkeit dieses „floating signifier“, die auch seine Wandelbarkeit, Adaptierbarkeit und damit Historizität ausmachen (Hall 2018).

Doch neben dieser Fluidität gibt es doch einen gemeinsamen Kern: essentialisierte (geografisch-biologische Bluts-)Herkunft, Religion und Kultur waren auch in der Hoch-Zeit der Rassismen und biologistischen Rassetheorien im ausgehenden 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert eng verflochten. Sie sind, wie auch eugenische und sozialdarwinistische Theoreme, integraler Bestandteil jener rassistischen Wissensbestände, die sich im new racism hinter nur scheinbar neuen (Deck-)Begrifflichkeiten verbergen.

Sollte man „Rasse“ und race dann überhaupt vollkommen trennen? Denn sie sind historisch aufeinander bezogen, race als aktivistische oder wissenschaftlich-analytische Kategorie reagiert ja auf die in der langen Dauer zirkulierenden Wissensbestände über „Rassen“ und die unermesslichen Folgen, die die Kategorisierung und Hierarchisierung von Menschengruppen anhand dieses Bedeutungskonglomerats zeitigte. Das Bewusstsein der historischen Signifikanz, Historizität und auch Schwere von „Rasse“ ist daher wichtig, will man race als analytische Kategorie vom fließend-schwebenden nicht zum leeren Signifikanten werden lassen.

Zudem zirkuliert das biologistische, essentialistische und damit zutiefst rassistische Wissen, das sich im Wort ‚Rasse‘ verdichtet, heute noch zu sehr, als dass man davon ausgehen könnte, das „rassische“ Wissen sei tatsächlich ausgelöscht. So finden sich zahlreiche Referenzen auf „Rassen“ in der Alltagssprache und im gedruckten Wort, in Lexika, Handbüchern (Bühl 2017: 39ff.), zudem im deutschen Grundgesetz, in der Gesetzgebung und in der Rechtsprechung (Liebscher 2021) und selbst in linken Debatten (Terkessidis 2004: 74ff.). „Menschenrassen“ traten noch stärker in der Anthropologie, Medizin, Genetik und Biologie auf, Wissenschaften, die sich im 20. Jahrhundert zu keinem Zeitpunkt vollends davon getrennt haben und in denen „Rasse“ als Klassifikationsmerkmal vielmehr immer wieder Konjunkturen erlebt hat (AG gegen Rassismus 2009). Selbst die bekannten UNESCO-Erklärungen seit 1950, in denen der Kategorie ‚Rasse‘ die wissenschaftliche Signifikanz abgesprochen wurde, entsprachen zu jener Zeit nicht dem Konsens unter den damit befassten Forscher:innen (Kühl 1997: 182–90). Vom Weiterleben von ‚Rasse‘ als wissenschaftlicher Kategorie zeugt nicht zuletzt die Kritik daran, so etwa in der 2019 veröffentlichten Jenaer Erklärung der Deutschen Zoologischen Gesellschaft, die mit Nachdruck betont, dass „Rassen“ nicht als biologische Tatsache existieren, sondern Produkt des Rassismus sind, der eben auch Teil der Wissenschaftsgeschichte ist.7

„Rasse“/race (zeit)histo­risch

Das vermeintliche Verschwinden des Begriffs ‚Rasse‘ und die Leerstelle eines Forschungsfelds „Rassismus in Deutschland seit 1945“ bedingten sich gegenseitig. Das galt insbesondere auch für die deutsche Zeitgeschichte, wie es der mit „Rasse“ betitelte Eintrag in dem über Jahrzehnte kanonischen Handwörterbuch „Geschichtliche Grundbegriffe“ fast programmatisch postulierte. Das Verdikt der Autor:innen von 1985 lautete, dass die im Nationalsozialismus auf die Spitze getriebenen Theorien um „Rassen“ bzw. „Volkstumsrassen“ und deren Relevanz als historisch-soziologische Begriffe „nach 1945, vor allem beim deutschen Volk, ganz bedeutungslos geworden sind“ und „Rasse“ demgemäß nur noch in den Naturwissenschaften eine Rolle spiele, während von Rassismus seither lediglich in einigen „anstoßerregende[n] Fälle[n]“ wie etwa in Südafrika zu sprechen sei (Conze/Sommer 1985: 178).

Besonders interessant an diesem Exempel einer Schlussstrich-Erzählung ist, dass zeitgleich, Anfang/Mitte der 1980er Jahre, „Ausländer raus“-Initiativen immer lauter wurden, gegen Migrant:innen gerichtete Brand- und Mordanschläge stattfanden, sowie, besonders nach der Regierungsübernahme durch Helmut Kohl, die bereits vorangeschrittenen Einwanderungsprozesse der vormaligen ‚Gastarbeiter‘ staatlicherseits dezidiert obstruiert oder rückgängig gemacht werden sollten, gleichzeitig die „Asylfrage“ von der CDU/CSU verbal und politisch zugespitzt wurde. Zwar haben insbesondere Kirchen, Wohlfahrtsverbände oder andere professionell in der ‚Ausländerarbeit‘ Tätigen die „deutsche Vergangenheit“ als moralische Mahnung in die öffentliche Debatte geworfen. Das wurde aber kaum als ernstzunehmende wissenschaftliche Fragestellung betrachtet oder auch später von Zeithistoriker:innen als solche aufgegriffen. Vielmehr setzten sich die neuen Konzepte ‚Ausländerfeindlichkeit‘ und ‚Fremdenangst‘ auch retrospektiv durch, die diese Phänomene rein funktionalistisch erklärten – also etwa als Folge von ökonomischen Problemen, als (legitime) Ängste ‚besorgter Bürger‘, oder gar als anthropologische Konstante –, ohne den Umgang mit Migrationsanderen (Mecheril 2004: 24) im Kontext der deutschen Geschichte zu konsultieren. Diese Ignoranz gegenüber der Wirkmächtigkeit rassistischen Wissens auch über die ‚Stunde null‘ hinaus hatten sich schon Anfang der 1980er auch die Verfasser des Heidelberger Manifests, allesamt Akademiker bzw. Professoren, zunutze gemacht und ihre rassistischen Überzeugungen in der neuen Form des ‚Ethnopluralismus‘ formuliert, wonach Völker das Recht hätten zu überleben und somit vor Vermischung geschützt werden müssten; rassentheoretische Ideologeme, die sie ohne das Wort „Rasse“ ausführten (abgedruckt bei: Göktürk 2011: 155–157). Als man in den 1980er Jahre dann in linken und migrantischen Kreisen in Deutschland begann, Theorien aus dem Vereinigten Königreich über den Konnex Migration und Rassismus zu rezipieren (Bojadžijev 2015), wurde dies wiederum immer wieder als ideologisch denunziert (Claussen 1994; allgemein dazu Dirim 2016).

Zeitgenössische Kritiker:innen sprachen im Zusammenhang mit der sozialen und gesellschaftlichen Stellung der ‚Gastarbeiter‘ allerdings schon in den 1970ern von den „N* Europas“ (Klee 1971), Arbeitsmigrant:innen bezeichneten sich selbst als „Sklaven“ (Hoffmann/Even 1985) und die Gastarbeit als „weiße Sklaverei“ und äußerten Ängste vor Vertreibung und physischer Vernichtung (Alexopoulou 2020: 15; dies. 2021c), womit sie Codes und Chiffren aufriefen, die sowohl auf die nationalsozialistische deutsche Geschichte als auch auf den transatlantischen Rassismus verwiesen.

Die Bezugnahmen auf den Nationalsozialismus und darauf, dass Rassismus ein Problem von Schwarzen im Ausland sei (in Südafrika, in den USA), wie sie sowohl von der Mehrheitsgesellschaft und der Wissenschaft als auch von Betroffenen hergestellt wurden, hatten eine zweifache Dimension: Für die einen fungierten sie als Externalisierungspraktiken, indem sie „Rasse“ und Rassismus im bundesrepublikanischen Kontext als irrelevant markierten. Für die anderen stellten sie Anknüpfungspunkte dar, mittels derer sie ihre Erfahrungen einordnen konnten.

‚Frem­de‘ versus „Rasse“

Das Blurring von vermeintlich andersgearteten Konzepten spielte eine entscheidende Rolle dabei, Rassismus zu ignorieren und in der Konsequenz auch Rassismusforschung zu unterlassen bzw. zu unterbinden; komplexer wird der Sachverhalt gerade im deutschen Fall deshalb, da hier Konzepte wie „Rasse“/„Volkstumsrasse“/Volk, Fremder/Ausländer/N( )/Z( ) historisch in einem fast untrennbaren Geflecht rassistischen Wissens verwoben sind (Alexopoulou 2019b).

Dieses Blurring soll an zwei Beispielen skizziert werden. So lautete eine der Forderungen, die Martin Dibobe als „Vertreter der Eingeborenen aus Kamerun“ in einem Papier von 1919 der Nationalversammlung in Weimar vorlegte: „Wir verlangen, da wir Deutsche sind, eine Gleichstellung mit denselben, denn im öffentlichen Verkehr werden wir stets als Ausländer bezeichnet.“8 Doch die meisten Menschen aus den ehemaligen deutschen ‚Schutzgebieten‘ wurden nicht nur als Ausländer wahrgenommen, sondern waren es formaljuristisch zumeist auch. Schwarze wurden in Deutschland auch als Kinder von weißen deutschen Männern – und damit sogar gegen die deutsche patrilineare ‚Blutlogik‘– lange nicht als deutsche Staatsbürger:innen anerkannt und selbst ihre Nachkommen lebten teilweise über Generationen als Staatenlose und damit als besonders schlecht gestellte Ausländer:innen in Deutschland (El-Tayeb 2007; Aitken/Rosenhaft 2015).

Das zweite Beispiel ist eine Umfrage zur Haltung der deutschen Bevölkerung zu den Schwarzen GIs, die in der direkten Nachkriegszeit von OMGUS, dem Office of Military Government for Germany, in der US-amerikanischen Besatzungszone durchgeführt wurde. Deren Schlussfolgerung lautete:

„Racial prejudice, tested by some questions used with this German population are more likely to test not anti-Negro sentiment alone as much as a more generalized disposition toward non-German peoples. Negroes, then, would merely be an exaggerated instance of non-Germanic folk.“9

Dass Schwarze Menschen von Deutschen in der direkten Nachkriegszeit als äußerst fremd empfunden, aber nicht als andere „Rasse“ bezeichnet wurden – was sich später wieder änderte –, illustrieren auch verwaltungsinterne Stimmungsberichte des ersten Pressereferenten der Stadt Mannheim nach dem Krieg, der bei den N( )truppen innerhalb der US-amerikanischen Besatzungsmacht von „Angehörige[n] fremdländischer Völker“ sprach.10 Die bis dahin staatlich vorgegebene und innerhalb der „Volksgemeinschaft“ breit zirkulierende Rassenideologie operierte zwar auch mit der color line, war jedoch eindeutig auf die „jüdische Rasse“ fixiert (Kundrus 2003). Die antirassistische Umerziehung der Deutschen erfolgte dann bekanntermaßen unter der Aufsicht einer segregierten US-Armee, wurde mit Aufkommen des Kalten Krieges aber mehr oder minder aufgegeben. Schwarze galten der US-Armee(führung) als distinkte „Rasse“, auf die faktisch herabgeschaut wurde und die schlechter gestellt war, was der deutschen Bevölkerung signalisiert haben dürfte, dass auch sie Schwarze weiterhin so betrachten durften (Höhn 2002).

Letzteres Beispiel deutet zweierlei an: Erstens lässt sich hier eine wichtige Etappe in der Rassismusgeschichte der Bundesrepublik ausmachen, in der eine Amerikanisierung des ‚erlaubten‘ rassistischen Wissens, insbesondere bezüglich der Rezeption von „Rasse“, stattfand und in der die color line zur maßgeblichen Differenzkategorie für „Rassen“ wurde, die ja für die Rassialisierung von Jüd:innen, Sinti:zze und Rom:nja, von Slaw:innen sowie anderen als ‚minderwertig‘ betrachteten ‚Völkern‘ keine Rolle gespielt hatte. Und zweitens weist es, wie schon das erste Beispiel, gerade auf die Verflochtenheit der scheinbar fein säuberlich getrennten Konzepte ‚Rasse‘ und ‚Fremder‘/Ausländer hin, da der Wert der Herkunft sich stets auch in der jeweiligen (dynamischen) Hierarchisierung der Ausländer untereinander und der Festlegung des Fremden – des „Volksfremden“ oder „Gemeinschaftsfremden“ – und damit Anderen des Deutschen spiegelte.

Beide Beispiele dekonstruieren zwei Mythen der bundesdeutschen ‚Nicht-Rassismusgeschichte‘, nämlich dass „Rassen“ und Rassismus nur im Kolonialismus und im NS-Kontext relevant gewesen seien und dass man nach 1945 davon ‚geheilt‘ worden sei, da es kaum andere „Rassen“, also Schwarze in Deutschland gegeben habe, die durch ihre Präsenz Rassismus evoziert hätten. Das Rausschreiben bzw. Nicht-Einschreiben Schwarzer Menschen in die deutsche Geschichte hat sie sekundär als essentiell Fremde codiert, nachdem ihre Migration und dauernde Präsenz durchgängig, auch in der Bundesrepublik, so weit als möglich verhindert wurde. Dass man über Jahrzehnte die Geschichte und auch die Folgen deutscher Kolonialpolitik und Einwanderung von Schwarzen Menschen, die dennoch auf verschiedensten Wegen stattfand, ignorierte, verstärkte den Effekt, dass ihre Präsenz in Deutschland als Anomalie galt und gilt – der Schwarze Mensch als der ‚Fremde‘, der Ausländer an sich.

Auslän­der als race-Konzept

Einen ähnlichen Effekt hatte die Tatsache, dass Migration nicht als ein der deutschen Geschichte zugehöriges, immanentes Phänomen betrachtet wurde: Dadurch, dass die deutsche Zeitgeschichte nicht genauer fragte, warum Deutschland, das bereits seit dem Kaiserreich faktisch eine Einwanderungsgesellschaft war, ebendies partout nicht sein wollte, musste sie sich auch nicht mit dem migrationsinduzierten Rassismus befassen bzw. damit, was die Persistenz bestimmter Figuren, Konzepte, Institutionen und Praktiken überhaupt bedeutete.11 Beforscht man die deutsche Migrationsgeschichte dagegen mit einem rassismuskritischen Blick, wie das auch in den USA forschende Historiker:innen, die explizit mit dem Konzept race operierten (z.B. Chin/Fehrenbach/Eley 2009) getan haben, zeigt sich ein anderes Bild.

Ausländer als Bezeichnung für eine bestimmte, permanent anwesende Bevölkerungsgruppe kann dabei in der post-„rassischen“ bundesrepublikanischen Gesellschaft als ein race-Konzept angesehen werden (Alexopoulou 2019a). Arbeitsmigrant:innen aus dem Süden und Osten Europas, zumal jüdische, wurden im ‚Arbeitseinfuhrland‘ Deutschland schon weit vor 1933 nicht als ‚wertvoller Bevölkerungszuwachs‘ angesehen und an der Einwanderung gehindert. Dieses aus der Einwanderungsabwehr ‚minderwertiger Völker‘ produzierte rassistische Wissen, das während zweier Phasen von Zwangs- und Sklavenarbeit vermehrt und vertieft und in der direkten Nachkriegszeit im Umgang mit den Displaced Persons in vielen Bereichen weiterhin offen artikuliert wurde (Alexopoulou 2021b), zirkulierte auch noch in den 1950ern (Alexopoulou 2020: 19–94). Somit war es während der neuerlichen Aufnahme der staatlich geförderten Arbeitsmigration, aus der Anfang der 1960er Jahre bewusst „Afro-Asiaten“ ausgeschlossen wurden, die niedriger in der Herkunftshierarchie eingestuft waren als Süd-, Südosteuropäer:innen und Türkeistämmige (Schönwälder 2001: 257ff.), noch sehr präsent.

Seit Mitte der 1970er Jahre setzte angesichts der eigensinnigen Einwanderungsprozesse vieler „Gastarbeiter“ und der Ankunft sogenannter „außereuropäischer Flüchtlinge“, die oft pauschal als „Scheinasylanten“ diffamiert wurden, eine gewalttätige Konjunkturphase des Rassismus – die sogenannte Ausländerfeindlichkeit – ein. Ausländer wurde gerade zu jener Zeit auch zur offiziösen Bezeichnung einer neuen, dauerhaft anwesenden Bevölkerungsgruppe, die auch auf Generationen hinweg als Ausländer imaginiert wurden, zumal der Status Ausländer lange erblich blieb. Der formaljuristische Status Ausländer war und blieb dabei in vielfacher Hinsicht und je nach Herkunft prekär durch das Ausländer- und Aufenthaltsrecht und die entsprechenden Behördenpraktiken, die ebenso dafür sorgten, die systemischen Aspekte von Rassismus – und das meint die kontinuierliche Produktion und Perpetuierung von Herkunftshierarchien – am Leben zu erhalten (Alexopoulou 2020, passim).

Was ist race?

Welche Figur oder Gruppe als race fixiert wird, gerade da, wo (vorgeblich) niemand mehr „Rassen“ weiß, es aber trotzdem Rassismus gibt, muss in der Analyse der Praktiken und zirkulierenden Wissensbestände, die sie jeweils transmittieren, produzieren und damit auch aktualisieren, bestimmt werden. Die color line zeigt sich dabei als nur eine – wenn auch als die historisch wirkmächtigste – Differenzkategorie, die mit Herkunft assoziiert und essentialisiert wurde und die über Jahrhunderte als Legitimation dafür diente, Menschen mit dieser Herkunft zu entwerten, zu entrechten, zu ge-brauchen, nicht leben zu lassen oder zu töten. Sie ist so wirkmächtig, da hier race im Körper eingeschrieben ist, eine Einschreibung, die die Nationalsozialisten durch Markierungen an der Kleidung der unterschiedlich in der Hierarchie der „Rassen und Völker“ eingestuften ‚artfremden‘ Deutschen und „volks-“ bzw. „blutsfremden“ Zwangs-Migrant:innen nachzustellen suchten, durch den Davidstern, das P (für polnische Zwangsarbeiter:innen), das OST (für sog. Ostarbeiter:innen aus Russland).

Die Tatsache, dass in Deutschland weiterhin Schwarze Deutsche oder migrierte Schwarze und andere als ungleichwertig betrachtete Eingewanderte und deren Nachkommen und (immer noch!) auch oftmals eingewanderte Jüd:innen sowie Sinti:zze und Rom:nja als Andere markiert und diese deswegen manchmal sogar ermordet werden, unterstreicht die Notwendigkeit, die Marker, die jeweils race ausmachen, sowie die enge Bindung dieses Konzepts an das historische Wissenskonglomerat ‚Rasse‘ immer wieder zu problematisieren. Eine historisch unbewusste Nutzung des deutschen Begriffs ‚Rasse‘ etwa als Rechtsbegriff, wie es der Rechtswissenschaftler Cengiz Barskanmaz (2011) eingefordert hat, gewährleistet allerdings weder die Entprovinzialisierung der Rassismusforschung in Deutschland noch löst sie die Unschärfen auf, die die spät eingesetzte deutsche Rassismusdebatte weiterhin prägen.

Lite­ra­tur

Zum Weiterlesen

Ayim, May/Katharina Oguntoye/Dagmar Schultz (Hg.), Farbe bekennen: afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte, 2. Aufl., Berlin 2020.

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Zitierte Literatur

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Fußno­ten

  1. 1

    Im Folgenden wird ‚Rasse‘ mit einfachen Anführungsstrichen benutzt, um das Konzept zu markieren, während die doppelten Anführungszeichen, also „Rasse“, das als reale biologische Kategorie imaginierte Objekt adressieren. Die gleiche Differenzierung ist für die englische Sprache mit der kursivierten Form race – als reines Analysekonzept – und race als vermeintlich realer Kategorie vorgesehen.
    Ergänzende Anmerkung der Redaktion: Die Voreinstellungen unserer Inventar-Seite lassen Kursivsetzungen in den Titeln und Untertiteln leider nicht zu. Daher hier der Hinweis, dass eigentlich alle Verweise auf die Kategorie race in den Titeln des vorliegenden Beitrags kursiv gesetzt sind (siehe die PDF-Version des Beitrags).

  2. 2

    Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Projektleitung innerhalb des Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ), das vom BMBF gefördert wird.

  3. 3

    Dass die Kategorie ‚Rasse‘ dennoch auch in Deutschland forschungstechnisch relevant bleibt (oder wird?), bezeugt z.B. die Tatsache, dass der Rat für Migration seine Tagung 2021 diesem Thema widmete: Körper und Rasse. Konjunkturen des Rassismus in Europa, siehe http://www.rfm-jahrestagung.de/#programm vom 07.11.2022. Die Tagung sollte nicht zufällig in Dresden stattfinden, wo 2018 am Deutschen Hygiene-Museum die Ausstellung Rassismus. Die Erfindung der Menschenrassen ausgerichtet worden war (Foroutan u.a. 2018; Wernsing/Geulen/Vogel 2018).

  4. 4

    Dieter Nuhr griff Hesters im November 2020 in seiner Show Nuhr im Ersten (ARD) an, woraufhin er in den Sozialen Medien als Rassist beschimpft wurde. Er antwortete mit einem Post auf Facebook (von hier auch die Zitate), siehe https://www.facebook.com/nuhr.de/posts/3621480087907257 vom 07.09.2021.

  5. 5

    Schwarz in diesem Kontext großzuschreiben, ist ein Ausdruck von Empowerment und wird so von vielen Schwarzen Aktivist:innen praktiziert und eingefordert (siehe zuletzt Obulor/RosaMag 2021).

  6. 6

    So Kourabas (2021: 77) mit Verweis u.a. auf Stuart Hall.

  7. 7

    https://www.uni-jena.de/unijenamedia/universität/abteilung+hochschulkommunikation/presse/jenaer+erklärung/jenaer_erklaerung.pdf vom 15.11.2021.

  8. 8

    Zit. nach der auszugsweisen Wiedergabe auf der Website zur Ausstellung der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Homestory Deutschland. Schwarze Biografien in Geschichte und Gegenwart (2014), http://www.homestory-deutschland.de/biografien/martin-dibobe/detail.html vom 15.11.2021.

  9. 9

    Mannheim Attitudes Toward Negro Troops, 22.10.1946, Surveys Branch, No. 24, OMGUS, US Army, in: Marchivum, Zug. 2/1950, Nr. 210.

  10. 10

    Leo Barth, Politischer Stimmungsbericht, 11.6.1946 und 29.6.1946, in: Marchivum, KE0051.

  11. 11

    Auf Rassismus als Gegenstand zeithistorischer Forschung ist die Autorin in einem anderen Text genauer eingegangen, nämlich in: Rassismus als Leerstelle der deutschen Zeitgeschichte, Expertise für den DeZIM-Rassismus-Monitor, der voraussichtlich im Laufe des Jahres 2023 in einem Sammelband des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) veröffentlicht wird.

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