31 People of Color

ein beitrag von

  • Noa K. Ha

People of Color (PoC) ist ein politischer Bündnisbegriff zur Selbstbezeichnung von Menschen, die rassistische Erfahrungen im Alltag machen. Obschon die Bezeichnung PoC seit den 1990er Jahren in Deutschland zunehmend verwendet wird – mittlerweile auch erweitert als BPoC für Black and People of Color –, gab es auch davor schon Begriffe, mit denen migrantisierte Menschen sich selbst bezeichneten und so gegen rassistische Fremdzuschreibungen zur Wehr setzten. Als besondere Formen der Selbstbezeichnung werden die Begriffsgeschichten von Afro-Deutsche/Schwarze Deutsche, Kanak/Kanake und Asiatische Deutsche kurz vorgestellt. Um die Relevanz dieser Begriffe für eine selbstbestimmte und widerständige Praxis der Selbstbezeichnung herauszuarbeiten, geht der Beitrag zudem darauf ein, welche gesellschaftlichen Prozesse als Rassismus und Rassifizierung gefasst werden – und wie diese mit Prozessen der Veranderung durch Migration verschränkt sind.

Einlei­tung

Die Abkürzung PoC, die wahlweise Person of Color oder People of Color meint, dient der Selbstbezeichnung und wird in dieser Praxis von Personen und Gruppen gewählt, um eine gemeinsame Erfahrung zu benennen – die Erfahrung von Rassismus als Gewalt, Abwertung, Stigmatisierung, Exklusion, Geringschätzung, Fremdbezeichnung, Fremdzuschreibung und als Vorurteil.

Geprägt wurde der Begriff People of Color in den 1960er Jahren durch das US-amerikanische civil rights movement. In Deutschland kam das Kürzel PoC Mitte der 1990er Jahre an, wo es vor allem in antirassistischen und selbstorganisierten Zusammenhängen zur kollektiven Adressierung genutzt wurde, um gegen Rassismus zu mobilisieren. Zum ersten Mal programmatisch verwendet und in seiner Relevanz für den deutschen Kontext diskutiert, wurde der Begriff im Band re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland (Ha/al-Samarai/Mysorekar 2007). Mittlerweile haben im deutschsprachigen Kontext auch die Bezeichnungen BPoC (Black and People of Color) und BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) Verbreitung gefunden. Diese Aktualisierungen zeugen sowohl von den Konjunkturen rassistischer Zustände als auch von der antirassistischen Selbstorganisation in ihrem transnationalen Selbstverständnis. Und zugleich verweist die Verwendung der englischen Begriffe auf die historische Hypothek des Rassismus im deutschen (Sprach-)Kontext (Arndt/Ofuatey-Alazard 2011).

Um die Praxis und Geschichte der Selbstbezeichnung als PoC im Folgenden zu beschreiben, ist es nötig, vorab eine Analyse der Gesellschaft zu skizzieren, in der diese Selbstbezeichnung relevant wurde, sowie Fragen nach den Bedingungen von Rassismus in der deutschen postkolonialen und Post-Holocaust-Gesellschaft aufzuwerfen. Diese Bedingungen haben sich in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg und nach dem Fall der Mauer stark verändert, und bevor der Begriff PoC Verwendung fand, waren schon andere Selbstbezeichnungen als antirassistische Widerstandspraxis im Gebrauch, die hier auch erwähnt werden sollen.

‚Ras­se‘ und Rassi­fi­zie­rung in Deut­sch­land und Europa

Die beiden eng verbundenen Begriffe ‚Rasse‘ und Rassifizierung künden von einem menschenverachtenden historischen Erbe. Für die Forschung bedeutet dies, dass es schwierig bis unmöglich ist, sich beiden Begriffen aus einer Position als distanziert Beobachtende:r zu nähern. Rassismus ist ein Prozess der Einteilung von Menschen in Gruppen, sogenannte ‚Rassen‘. Diese Einteilung dient nicht der Unterscheidung, sondern der Etablierung von sozialen Hierarchien, die durch behauptete biologische oder kulturelle Evidenz legitimiert werden und die dem Grundsatz der Menschenrechte zutiefst widersprechen, weil Rassismus auf die Dehumanisierung von Menschen abzielt (Fanon 1981).

Insbesondere im europäischen Kolonialismus dienten rassistische Ordnungsvorstellungen zur moralischen Legitimation der expansiven Eroberung und Ausbeutung der Welt (Memmi 1987). Der Kolonialismus bezeichnet eine globale Weltordnung, die durch eine scheinbar natürliche Differenz eine Rangordnung zwischen verschiedenen Menschengruppen etablierte, die die Einen zu ‚Zivilisierten‘, ‚Entwickelten‘ und ‚Überlegenen‘ und die Anderen zu ‚Unterentwickelten‘, ‚Unzivilisierten‘ und ‚Unterlegenen‘ machte. Hieran war die Wissenschaft des 19. Jahrhunderts maßgeblich beteiligt, wenn sie Menschen mit Augen- und Haarfarbentafeln, Stimmaufnahme- und Schädelmessgeräten, Fotoapparaten und anderen Werkzeugen vermaß, katalogisierte und in ‚Menschenrassen‘ einteilte (Hund 2009; Reimann 2017). So hat die moderne Wissenschaft einen erheblichen Beitrag dazu geleistet, das ideologische Konzept der menschlichen ‚Rassen‘ zu plausibilisieren und zu legitimieren (Kaupen-Haas/Saller 1999).

Aber nicht nur biologistisch begründete Differenzmarkierungen strukturieren gesellschaftliche Verhältnisse, sondern auch als kulturell markierte Differenzen werden in politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Prozessen essentialisiert und rassifiziert. Diese analytische Berücksichtigung anderer Differenzmarkierungen, die rassistische Praktiken und Exklusionen begründen, wurde als eine Form des ‚Rassismus ohne Rassen‘ (Hall 1989) bzw. als ‚Neorassismus‘ (Balibar 2007) diskutiert, die unter anderem mit Diskursen der Migration vermengt wurden.

Migra­tion: ein Prozess des Othe­ring in Deut­sch­land

Gemeinhin wird Migration als ein Phänomen der Wanderungsbewegungen von Menschen über nationale Grenzen hinweg verstanden, wobei in der frühen deutschen Migrationsforschung eher die Ankunft von Migrant:innen im Mittelpunkt stand als die Auswanderung aus Deutschland. Diese dem nationalstaatlichen Paradigma verhaftete Migrationsforschung trug zu einem Prozess der Markierung, Problematisierung, der Differenzkonstruktion und des Othering 1 bei, weil die Ankommenden ohne Unterscheidung ihrer Herkunft als Migrant:innen klassifiziert wurden (Mecheril et al. 2013). Die dezidiert transnationale Perspektive auf Prozesse der Migration hat zu einem veränderten Blick auf Wanderungsbewegungen geführt, der den gesamten Prozess in seiner Komplexität in den Blick nimmt (Schiller/Basch/Blanc-Szanton 1992) – statt auf bestimmte Menschen in einem national gerahmten Kontext zu fokussieren. Aus einer postkolonialen Perspektive heraus werden insbesondere Mobilitäten sowohl der vormals kolonisierten als auch der kolonisierenden Subjekte in den (post)kolonialen Imperien in den Blick genommen (Smith 2003).

Aufgrund dieser vielschichtigen historischen und analytischen Perspektiven kann Migration nicht nur als ein Prozess der geografischen Mobilität untersucht werden, sondern auch als gesellschaftlicher Wandel, z.B. als Migrationsgesellschaft. In dieser Perspektive werden gesellschaftliche Transformationsprozesse nicht nur der (post)migrantischen Bevölkerung, sondern gesamtgesellschaftliche Prozesse betrachtet (Foroutan u.a 2018). Den Zusammenhang zwischen Migration und rassistischen Exklusionen bzw. der Markierung als Andere durch Migration wurde in Deutschland schon seit Mitte der 1990er Jahre in den ersten rassismuskritischen und postkolonialen Analysen beschrieben (Mecheril/Teo 1994 und 1997; Ha 1999; Steyerl/Gutiérrez Rodríguez 2003; Terkessidis 2004).

Migration ist daher ein einfaches Wort für einen hochkomplexen Zusammenhang zwischen Arbeits-, Aufenthalts-, Asyl- und Staatsbürgerschaftsrecht, den Arbeits-, Wohnungs- und Bildungsmärkten sowie individuellen Erfahrungen. Dieser Zusammenhang ist auch von Rassismus durchdrungen, wenn wir Rassismus als ein gesellschaftliches Verhältnis begreifen, in dem Menschen entlang von biologischen und kulturellen Differenzen hierarchisiert werden. Insofern können Migration und Rassismus als in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander stehend begriffen werden (Tudor 2022).

Weiß­sein als unbe­nannte Norm in Europa

Deutschlands Imperativ des „Nie wieder!“ nach der Erfahrung des Holocaust und nach dem Eingeständnis, als Nation für den millionenfachen Mord Verantwortung zu tragen, hat im geteilten Deutschland zu einer Auseinandersetzung mit dem deutschen Faschismus, seinem Rassismus und seinen Verbrechen geführt. Inwiefern dieser Prozess nachhaltige Veränderungen hin zu einer nicht- oder gar antirassistischen Gesellschaft herbeigeführt hat, ist im Rückblick zweifelhaft.2

Während auf der anderen Seite des Atlantiks die Analyse von Weißsein vor allem die Geschichte europäischer Siedler:innen und ihrer Nachkomm:innen als Besitzer:innen von versklavten Menschen und Plantagen im Blick hat, untersuchen Studien zum Weißsein in Europa eine eurozentristische, kolonial-imperiale Geschichte der Weltumseglung sowie der ‚Entdeckung‘ und Unterwerfung nicht-europäischer Länder und Kontinente. Im Zuge dieser expansiven Unternehmungen wurde Weißsein – oft im Verbund mit dem Christentum – als Norm in viele Winkel der Erde verbreitet (Shaw 2006). In der Analyse von Weißsein ist es nötig, den historischen Unterschied zwischen Weißsein jenseits und diesseits des Atlantiks herauszuarbeiten. Weißsein in Europa und in der europäischen Geschichte ist kompliziert, weil diese eine rassistische Vernichtungsideologie hervorgebracht hat, die nicht nur außereuropäische, sondern auch europäische Körper erfasste, allen voran jüdische, slawische und Körper von Sinti:zze und Rom:nja (Böröcz 2021). Auf der Grundlage eines zuvor schon gesellschaftlich etablierten Antisemitismus wurden im NS Jüd:innen als ‚Rasse‘ klassifiziert, der das Lebensrecht abgesprochen wurde. Der nationalsozialistische Antiziganismus und antislawische Rassismus legitimierten die Abwertung und Ermordung vieler weiterer Menschen. Diese Formen der Rassifizierung und des Rassismus durch den NS tragen heute in einer europäischen Perspektive zu einer Verkomplizierung der Adressierung von Weißsein bei, weil hierdurch ersichtlich wird, dass sich die Prozesse der Rassifizierung nicht auf die Marker von Haut- und Haarfarbe beschränken müssen, sondern auch auf Religion und Kultur ausgeweitet werden können.

Fatima El-Tayeb (2015) verweist auf die Eigenwahrnehmung Europas als ‚rasselos‘, die mit der Verweigerung einhergeht, sowohl die Rassifizierung der europäischen Anderen, z.B. als ‚sichtbare Minderheiten‘, als auch die implizite eigene weiße Rassifizierung als unmarkierte Norm anzuerkennen:

„Das Schlüsselproblem in der Analyse und potenziellen Dekonstruktion von Europas Ideologie der ‚Rassenlosigkeit‘ ist vielleicht tatsächlich folgendes: Während die implizite – wenn auch ganz und gar nicht subtile – Rassifizierung von Europäischsein als weiß und christlich und somit von rassifizierten Minderheiten als nicht-europäisch unstrittig erscheint, lehnt der öffentliche – und zu oft auch akademische – Diskurs diese Beobachtung trotzdem als bedeutungslos ab.“ (Ebd.: 43)

Hier stellt El-Tayeb einen bezeichnenden Unterschied für die Diskursivität von Rasse-Konstruktionen und Rassismus diesseits und jenseits des Atlantiks heraus. Während vor allem in den USA der Begriff race die soziale Konstruktion rassifizierter Gesellschaftsverhältnisse anzeigt, wird die europäische Identität gar nicht in der eigenen weißen Rassifizierung reflektiert, sondern vielmehr als ‚raceless‘ begriffen.

Ha, al-Samarai und Mysorekar halten in ihrer Einleitung zu re/visionen fest, wie ein unreflektiertes Weißsein zu der trügerischen Wahrnehmung der eigenen weißen Position als ‚objektiv‘ oder ‚universell‘ führt:

„Was in landläufigen Weißen Kontexten über die ‚Welt‘ und diese ‚Anderen‘ – seien sie fern oder nah, seien sie vergangen oder gegenwärtig – ‚gewusst‘ wird, ist folglich kein unschuldiges, ‚objektives‘ oder gar universell gültiges Wissen, sondern immer eingebettet in komplexe, räumlich und zeitlich gebundene Prozesse einer rassifizierten Machtausübung.“ (Ha/al-Samarai/Mysorekar 2007: 10)

Insofern ist die Selbstbezeichnung als Person of Color nur innerhalb dieses gesellschaftlichen Kontexts zu verstehen, in dem körperliche Differenz (wie Haut-, Haar- und Augenfarbe) als Ursache von Unterschieden in der Gesellschaft ein normalisiertes Wissen darstellt und zugleich das gesellschaftliche Wissen um Alltagsrassismus, den PoC stetig erfahren, abgewehrt wird.

Rassi­fi­zierte Geschichte und rassi­fi­zierte Subjekte: eine Chro­no­lo­gie der Selbst­be­zeich­nun­gen

Das bisher Gesagte macht deutlich, dass Rassismus in der deutschen Gesellschaft nach 1945 nicht einfach verschwand. Er verblieb im Alltagswissen und im institutionellen Handeln, sowohl in der BRD als auch in der DDR. Zwar änderte sich sein Vokabular, aber die Funktionsweisen der Exklusion, der Herabsetzung und der sozialen Hierarchisierung blieben erhalten. Des Weiteren muss man sich in Erinnerung rufen, dass die deutsche Post-Holocaust-Gesellschaft nach der Ermordung und Vertreibung von Millionen von Menschen eine ethnisch, politisch und kulturell äußerst homogene Gesellschaft war. Jede Anwesenheit von Nicht-Deutschen oder Deutschen, die nicht den nationalsozialistischen Vorstellungen von Deutsch-Sein entsprachen, traf auf eine Gesellschaft, die sich einerseits vom NS ‚befreit‘ hatte und andererseits zutiefst von diesem geprägt war. Einen aufschlussreichen Einblick in die kolonialrassistischen Wissensbestände liefert die Geschichte der ‚Rheinlandkinder‘. Hierbei handelt es sich um Nachkomm:innen weißer deutscher Mütter und Schwarzer Väter, zumeist Angehörige der französischen Kolonialtruppen aus Nordafrika, Madagaskar, dem Senegal und Vietnam, die an der Besetzung des Rheinlands nach dem Ersten Weltkrieg beteiligt waren (Roos 2022). Diese Kinder und jungen Erwachsenen wurden im NS zum Gegenstand rassenanthropologischer Forschung, die oftmals eine Zwangssterilisation zur Folge hatte (ebd.: 15). In der Nachkriegszeit waren staatliche Stellen in der BRD bemüht, Kinder of Color per Adoption „außer Landes zu schaffen“ (ebd.: 16) – aus ‚fürsorgenden‘ Gründen, um sie vor rassistischer Gewalt zu schützen und ohne den eigenen Rassismus infrage zu stellen.

So bediente sich auch die postnationalsozialistische Gesellschaft rassistischer Maßnahmen und Politiken, die Menschen stigmatisierten und herabsetzten. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Gefühls der Ohnmacht, sich selbst nicht definieren zu können und mit diesen tiefsitzenden rassistischen Wissensbeständen konfrontiert zu sein, war die Frage der Selbstbezeichnung schon lange vor der Etablierung des Begriffs PoC von großer Bedeutung, konnte eine Selbstbezeichnung doch ein Mittel sein, um sich gegen rassistische Zuschreibungen zur Wehr zu setzen.

Afro­deutsch – Schwa­rze Deut­sche

Der Begriff afrodeutsch als eine Form der Selbstbezeichnung für in Deutschland lebende Menschen mit afrodiasporischen Bezügen entstand in einem Moment, in dem eine afroamerikanische Selbstbezeichnungspolitik auf einen deutschen Lebensalltag traf. In den 1980er Jahren lehrte die US-amerikanische Schwarze Schriftstellerin Audre Lorde als Gastprofessorin an der FU Berlin. In Deutschland traf sie auf junge Frauen, die sich bis dahin nicht als afrodeutsch bezeichnet hatten, sich im Austausch mit Lorde und aufbauend auf der gemeinsamen Erfahrung von Alltagsrassismus jedoch diese Selbstbezeichnung gaben. Eine von ihnen war die Dichterin und Aktivistin May Ayim, die in den folgenden Jahren eine Schwarze Deutsche Bewegung mitbegründete. Als Gründungsdokument kann das Buch Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte gesehen werden (Oguntoye et al. 1986), das die biografischen Erfahrungen von afrodeutschen Frauen im Kontext deutscher Kolonialgeschichte betrachtete. In dieser Zeit gründeten sich ADEFRA (Schwarze Frauen in Deutschland, ein kulturpolitisches Forum von und für Schwarze Frauen*) und die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) 3 , die bis heute einen bewegungspolitischen und antirassistischen Raum der Selbstorganisierung und Selbstbestimmung für Menschen afrikanischer und afrodiasporischer Herkunft bieten und die antirassistische Bewegungsgeschichte in Deutschland maßgeblich prägen.

Die Selbstbezeichnung hat sich seit den 1980er Jahren dahingehend verändert, dass nunmehr die Bezugnahme auf eine Form des politischen Widerstandes gegen Rassismus stärker wurde: Schwarzsein (Blackness) und die Selbstbenennung als Schwarze Deutsche. Die Großschreibung von ‚Schwarz‘ bringt sowohl die Politisierung und Problematisierung rassistischer Zuschreibungen als auch die empowernde und widerständige Geste der Eigenbezeichnung zum Ausdruck (Arndt/Ofuatey-Alazard 2011).

Kanak/Kanake

Die Umdeutung des Begriffs Kanak erfolgte nicht erst durch Feridun Zaimoğlus Roman Kanak Sprak (1995), sondern schon vor Jahrhunderten, als deutsche ‚Abenteurer‘ und Kolonisatoren den Begriff aus der Pazifikregion in den deutschen Sprachraum einführten. Der Begriff entstammt somit dem deutschen Kolonialjargon. Im deutschen Koloniallexikon fand sich 1920 folgender Eintrag unter ‚Kanaka‘: „Kanaka (Tangata), ursprünglich in verschiedenen Varianten einheimische Bezeichnung für Mensch, Mann in Polynesien, etwa seit der Zeit der Walfänger bei den Europäern eingebürgerte Bezeichnung für den eingeborenen Ozeanier.“ (Schnee 1920: 223)

Entgegen dieser kolonialen Herkunftsgeschichte des Wortes ‚Kanaka‘ wurde es in Westdeutschland in den 1950er und 1960er Jahren als rassistische Bezeichnung verwendet, um die sogenannten Gastarbeiter:innen und ihre Nachkomm:innen abzuwerten, die als anders, ‚fremdländisch‘ oder ‚südländisch‘ wahrgenommen wurden. Ebendiesen alltäglich erfahrenen Rassismus verarbeitete Zaimoğlu in seinem Buch Kanak Sprak, mit dem er eine migrantische Perspektive auf Deutschland eröffnete. Die Gründung der antirassistischen Gruppe Kanak Attak Ende der 1990er Jahre nahm die subversive Umdeutung des Begriffs auf, die Zaimoğlu literarisch angelegt hatte, und leitete daraus eine politische und antirassistische Selbstermächtigung ab. Insbesondere mit Statements und filmischen Berichterstattungen aus dem deutschen Alltag dokumentierte Kanak Attak die selbstverständliche Anwesenheit rassistischer Denkfiguren.4

Claudia Hamm reflektiert in ihrem umfänglichen Beitrag „Auf der Treppe. Übersetzen in der Postkolonie“ (2022) über ihre Schwierigkeiten, Texte zu übersetzen, vor allem wenn indigene Selbstbezeichnungen durch kolonialrassistische Wissensbestände überschrieben wurden, wie sie am Beispiel der Übersetzung des Romans Kanaky von Joseph Andras ausführt:

„Sprechen die Kanak vom peuple kanak, ist kein durch biologische Merkmale identifiziertes ‚Volk‘ gemeint, wie etwa die aus einer Rassenideologie entstandene ‚Völkerkunde‘ suggerierte, sondern ein politisches Subjekt, das sich erst im Kontext einer Gewaltgeschichte formieren musste.“ (Ebd.: Anm. 24)

Die Geschichte und Verwendung des Begriffs Kanake verweist auf eine global-imperiale Geschichte Deutschlands, die von Zuschreibungen und widerständigen Umdeutungen 5 geprägt ist – und sie zeugt von den postkolonialen gesellschaftlichen Zuständen in der Alltagssprache.

Asia­ti­sche Deut­sche

Mitte der 2000er Jahre formierte sich ein Diskurs um den Begriff asiatisch-deutsche Diaspora und eine heterogene Community begann, sich hinter der Selbstbezeichnung Asiatische Deutsche zu versammeln. Mit diesem Begriff bezeichneten sich Menschen mit unterschiedlichen Bezügen zum ostasiatischen oder südostasiatischen Raum, weil sie eine Gemeinsamkeit verband: die Erfahrung eines exotisierenden bzw. orientalisierenden Rassismus im eigenen Alltag.6

Der exotisierende Rassismus, der mit einer Sexualisierung und Objektivierung weiblicher asiatischer Körper (die devote asiatische Frau/Sexarbeiterin) und männlicher asiatischer Körper (der aufgrund von fehlender Behaarung oder kleiner Körpergröße entmaskulinierte Mann) einhergeht, ist einerseits spezifisch und andererseits ein Beleg für die verschiedenen Stereotypisierungen einer rassistischen gesellschaftlichen Ordnung, die nicht nur in ‚schwarz‘ und ‚weiß‘ geteilt ist, sondern auch andere Mechanismen der Pauschalisierung und Abwertung kennt (Wu 2003; Chou/Feagin 2015). Tatsächlich sind Verbindungen zwischen diesen rassifizierenden und vergeschlechtlichenden Körperpolitiken und einer Arbeitsmigrationspolitik erkennbar, wenn insbesondere Frauen aus asiatischen Ländern (etwa Indien, Südkorea und den Philippinen) als Krankenschwestern angeworben werden (Goel 2014; Kreienbrink 2014).

Als Kien Nghi Ha 2012 das Buch Asiatische Deutsche. Vietnamesische Diaspora and beyond herausgab – also 20 Jahre nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen, das sich vor allem gegen vietnamesische Vertragsarbeiter:innen und Sinti:zze und Rom:nja richtete –, dokumentierte er ein Moment asiatisch-deutscher Bewegungsgeschichte und versammelte verschiedene Perspektiven auf Rassismus, Grenzziehungen, Verbindungen und Widersprüche in und zwischen den asiatisch-deutschen Communities. Dabei haben auch 30 Jahre nach dem Rostocker Pogrom die diskriminierenden Erfahrungen leider nicht ab-, sondern – insbesondere im Kontext der Covid-19-Pandemie – zugenommen (Suda 2020; Cabral et al. 2021). Im Zuge der Pandemie sahen sich Asiatische Deutsche und andere asiatische Menschen mit einer neuen Qualität der rassistischen Gewalt konfrontiert, weil sich anti-asiatischer Rassismus durch die mediale Verbindung von asiatischen Körpern mit der Verbreitung des Coronavirus in einen alltäglichen Rassismus eingeschrieben und zu mehr rassistischer Gewalt geführt hat. Die Selbstbezeichnung Asiatische Deutsche hat nicht an Relevanz verloren und bildet einen empowernden Zusammenhang für Menschen unterschiedlicher Herkünfte, um sich gegen anti-asiatischen Rassismus zu verbünden und zur Wehr zu setzen.

Ausblick: Selbst­be­zeich­nung als Akt des Wider­stan­des und des Empo­w­er­ments

Die Verwendung von rassistischen Begriffen für die pauschalisierende Gruppierung von Menschen war auch in der Umgangssprache der postnationalsozialistischen Gesellschaft üblich, also weithin normalisiert. Die Diskussionen hierüber sind bis heute nicht abgeschlossen, wenn wir daran denken, mit welcher Vehemenz bis heute Menschen die Verwendung des N-Wortes oder Z-Wortes verteidigen, ungeachtet ihrer menschenfeindlichen und rassistischen Bedeutung.

Person oder People of Color sind keine Begriffe, mit denen Menschen mit einer ‚bestimmten‘ Hautfarbe bezeichnet werden – sondern Begriffe, die kennzeichnen, dass Hautfarbe eine gesellschaftliche Funktion, aber keine anthropologische Bedeutung hat. Die Unterscheidung zwischen einer anthropologischen Deutung von Hautfarbe und einer gemeinsamen Erfahrung rassistischer Diskriminierung im Alltag ist ein wichtiger Unterschied für diese Selbstbezeichnungen. Obschon ihre Notwendigkeit aus einer gemeinsamen Rassismuserfahrung resultiert und in der Selbstbezeichnung als Person bzw. People of Color benannt wird, sind auf der individuellen Ebene die Voraussetzungen für diese Erfahrungen sehr unterschiedlich. So können diese strukturell mit Fragen von Staatsbürgerschaft, Bildungs- und Arbeitskontexten, aber auch mit typischen Prozessen der Niederlassung und Integration wie Spracherwerb und Aufenthaltsrecht verbunden sein. Die Erfahrungen von Alltagsrassismus sind vielfältig und von bestehenden Machtverhältnissen wie Sexismus, Trans- und Homophobie, Klassismus oder Ableismus durchzogen. Auf dieses Dilemma der unterschiedlichen Positionalitäten für eine vereinheitlichende und gemeinsame Selbstbezeichnungspolitik als People of Color weist Jasmin Dean hin:

„People of Color-Politik beruht, wie jede Identitätspolitik, auf der Gleichzeitigkeit von Identität und Differenz. Da sich historisch verschiedene Rassismen herausgebildet haben, […] nehmen People of Color ‚sehr unterschiedliche minorisierte Positionsbestimmungen‘ vor und ‚entziehen sich jeder Form der Vereinheitlichung‘.“ (Dean 2007: 12)

Auch wenn es keine neue Erkenntnis ist, dass ‚Rassen‘ eine wissenschaftliche Fiktion sind, so ist in kultur-, sozial-, geschichts- und rechtswissenschaftlicher Hinsicht das Konzept der ‚Rasse‘ weiterhin in einen Wissensbestand eingeschrieben, der Realitäten des Rassismus und der Rassifizierung erzeugt. Um sich gegen rassistische Sprachpraktiken zur Wehr setzen und die Normalität des Alltagsrassismus besprechbar machen zu können, wurden schon verschiedene Bezeichnungen zur Deutungsabwehr oder -umschreibung gewählt und benutzt – wie die Selbstbezeichnung Person bzw. People of Color.

Die Praxis der Selbstbezeichnung entwirft eine antirassistische Identitätspolitik, die auf eine Hegemonie von nationaler Identität reagiert, wenn diese sich in Fragen der ‚Leitkultur‘, der Unwissenheit über die eigene deutsche Kolonialgeschichte oder der noch nicht abgeschlossenen Entnazifizierung und Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gegenwartsbewältigung artikuliert (Czollek 2020). Identitätspolitik ist nicht nur eine Frage der partikularen antirassistischen Selbstbezeichnung, sondern vor allem auch eine Frage nationaler Identitätspolitik durch Bildung, Kultur und Politik. Wenn heute der Begriff Person bzw. People of Color nicht mehr nur für die eigene Selbstbezeichnung Verwendung findet, sondern auch in die mediale Berichterstattung und in wissenschaftliche Studien Einzug gehalten hat, dann sind dies Belege für eine Sensibilisierung gegenüber (Alltags-)Rassismus in der Sprache und ein Signal, dass dieser zunehmend aktiv unterbunden wird.

Lite­ra­tur

Zum Weiterlesen

Dean, Jasmin (2011): „People of Color“, in: Arndt, Susan/Ofuatey-Alazard, Nadja (Hg.), Wie Rassismus aus Wörtern spricht. Kerben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk, Münster: Unrast. S. 597.

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Steyerl, Hito/Gutiérrez Rodríguez, Encarnación (Hg.) (2003): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik, Münster: Unrast.

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Zitierte Literatur

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Cabral, Fallon Tiffany/Puni-Specht, Karti/Ha, Noa K./Trang, Tran Thu (2021): „Kulturproduktion und Selbstorganisierung im Spannungsfeld von Exotisierung und Rassismuskritik: Asiatische Deutsche im Blick“, in: Karim Fereidooni/Stefan E. Hößl (Hg.), Best Practice!? Theoretische Reflexionen, didaktisch-methodische Konzepte und Erfahrungen zu rassismuskritischer Bildungsarbeit, Frankfurt a.M.: Wochenschau-Verlag, S. 119–138.

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Fußno­ten

  1. 1

    Mit Othering wird ein Prozess der Zuschreibung von Menschengruppen in Differenz zu einem definierten ‚Wir‘ beschrieben. Dieser Prozess der Veranderung dient sowohl der Essentialisierung der Differenz als auch der Begründung gesellschaftlicher Unterschiede.

  2. 2

    So argumentiert Max Czollek in seinem Buch Desintegriert euch!, dass die größte Integrationsleistung des postnationalsozialistischen Deutschlands die Integration der nationalsozialistischen Täter:innen war. Vor diesem Hintergrund fordert er die Desintegration, um mit der impliziten Normalisierung des Nationalsozialismus zu brechen (Czollek 2018).

  3. 3

    Informationen zu beiden Gruppen finden sich unter http://www.adefra.com/ und https://isdonline.de/.

  4. 4

    Auf der nicht mehr aktualisierten Website von Kanak Attak finden sich einige Informationen zu Videoproduktionen wie Weißes Ghetto von 2002 oder Recolonize Cologne von 2005, die dazu dienten, den rassistischen Blick umzukehren: „Wir lassen den Blick nicht länger auf uns richten – wir richten den Blick. Kanak TV ist migrantische Selbstermächtigung.“ https://www.kanak-attak.de/ka/kanaktv.html vom 4.8.2022.

  5. 5

    Eine aktuelle Variante ist die Selbstbezeichnung als ‚Kenek‘. So sagte z.B. der Rapper Bass Kenek 2012 in einem Interview: „Das Wort steht für die aggressiven Melodien, weil man den Bass meistens stark hört. Und Kenek bedeutet Kanacke, das ist ein Schimpfwort für Ausländer. Zusammengesetzt also ein aggressiver Ausländer. Ich spiele damit auf die Vorurteile gegen Ausländer an.“ Interview mit Bass Kenek: „Mit meinem Namen spiele ich auf Vorurteile gegen Ausländer an“, in: Badische Zeitung, 22.3.2012, https://www.badische-zeitung.de/mit-meinem-namen-spiele-ich-auf-vorurteile-gegen-auslaender-an--57299860.html vom 6.10.2022.

  6. 6

    Von der Woher-kommst-du-Frage über wohlmeinende, aber ignorante Anreden wie ‚Namaste‘ oder ‚Konichiwa‘ sowie die rassistisch-beleidigenden Kinderlieder und -spiele „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ oder „Ching, Chang, Chong“ bis hin zu gestisch angezeigten ‚Schlitzaugen‘.

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