40 Vertrei­bung

ein beitrag von

  • Maren Röger

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs mussten Millionen Menschen in Europa ihre Heimat verlassen, darunter etwa zwölf Millionen deutsch(-sprachige) Personen aus dem östlichen und südöstlichen Europa. Dieser Beitrag zeigt auf, warum sich der Begriff der Vertreibung in der Bundesrepublik Deutschland durchsetzte, nicht jedoch in der Deutschen Demokratischen Republik und den Staaten des östlichen Europas. Top-down-Benennungen des zuständigen Bundesministeriums und gesetzliche Definitionen, flankiert von wissenschaftlichen Großforschungsprojekten der Zeit, verdrängten in der Bundesrepublik weitgehend alternative Begriffe. Die Betroffenen übernahmen den Begriff Vertriebene, um einen Zustand des Angekommenseins gegenüber dem Flüchtlingszustand zu markieren. In Polen und der Tschechoslowakei wiesen Politiker:innen und Wissenschaftler:innen den Begriff der Vertreibung zu Zeiten des Staatssozialismus mit all seinen moralischen Implikationen zurück, verstanden ihn gar als Kampfbegriff. Ihm wurden euphemistischere Begriffe entgegengesetzt, etwa ‚Ausweisung‘ oder ‚Abschub‘.

Einlei­tung

Im 1 Zuge des Zweiten Weltkriegs war Europe on the move, also in Bewegung, wie der Migrationshistoriker Eugene M. Kulischer 1948 formulierte (Kulischer 1948). Millionen Menschen waren in den Jahren des nationalsozialistischen Angriffs- und Vernichtungskriegs von den Deutschen in Lager und zur Zwangsarbeit deportiert sowie aus Gründen der ethnopolitischen Neuordnung verschleppt worden. Andere waren vor Besatzung und Krieg geflüchtet und fanden sich im Nachkriegseuropa erzwungenermaßen an einem anderen Ort wieder. On the move waren auch zehn bis zwölf Millionen als deutsch markierte Personen (deutsche Staatsbürger:innen und Angehörige deutschsprachiger Minderheiten), die in den unterschiedlichen Ländern des östlichen und südöstlichen Europas lebten. Sie mussten in den Jahren 1944 bis 1947/48 ihre Heimat verlassen. Der Großteil kam aus den Gebieten, die zuvor deutsches Staatsgebiet gewesen waren und die in Folge des Zweiten Weltkrieges an Polen und die Sowjetunion übertragen wurden.

In der frühen Bundesrepublik setzte sich der Begriff der Vertreibung für die Benennung dieses komplexen mehrjährigen Prozesses der Zwangsmigration der Deutschen durch. Der vorliegende Beitrag zeichnet diese Entwicklung nach und erläutert, wie der Begriff politisch forciert wurde. Er übernahm, so das Argument, eine politisierende Integrationsfunktion nach innen. Nicht zuletzt förderte der Begriff das Selbstverständnis als Opfer und richtete sich im Kontext des Kalten Kriegs gegen die nun sozialistischen Staaten des östlichen Europas. ‚Vertriebene‘ oder ‚Heimatvertriebene‘ wurden mithilfe des Begriffs von anderen Entwurzelten des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit abgegrenzt. In den Ländern des östlichen Europas – den ‚Vertreiberstaaten‘, so die Terminologie der Bundesrepublik – wurde der Begriff Vertreibung als politischer Kampfbegriff gelesen. Politiker:innen und Wissenschaftler:innen im östlichen Europa stellten ihm eigene, teils euphemistische Begriffe entgegen. Der Beitrag nimmt so das Wechselspiel zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit in der Genese von Migrationsbegriffen sowie deren Wandel in den Blick.

Erfah­rungs­ge­schich­ten: Drei Phasen von Flucht und Vertrei­bung

Was im heutigen Sprachgebrauch kurz als ‚Vertreibung der Deutschen‘ oder ‚Flucht und Vertreibung‘ bezeichnet wird, ist die Geschichte einer langen Kette unterschiedlicher Ereignisse. Insgesamt mussten etwa zwölf Millionen deutschsprachige Personen ihre Heimat(en) im östlichen und südöstlichen Europa in den Jahren 1944 bis 1947/48 verlassen. Der Großteil kam aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße, die bis 1945 deutsches Territorium waren und infolge des Zweiten Weltkriegs an Polen und die Sowjetunion übertragen wurden. Zu nennen sind hier Nieder- und Oberschlesien, Pommern und Ostpreußen. Doch auch Angehörige der deutschen Minderheit in der Tschechoslowakei sowie deutschsprachige und als Deutsch klassifizierte Personen aus dem südöstlichen Europa gehörten dazu. Die Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen variierten je nach Zeitpunkt, Ausgangsort und Fluchtroute.

Die Forschung unterscheidet idealtypisch drei Phasen: Erstens die Phase der (spontanen) Flucht vor der vorrückenden Sowjetarmee, die bereits 1944 einsetzte. Darauf folgte, zweitens, die Phase der sogenannten wilden Vertreibungen, die zwischen dem sowjetischen Vormarsch und dem Potsdamer Abkommen zu verorten ist. In dieser Phase setzten polnische und tschechoslowakische Autoritäten Vertreibungen teils strategisch ein, um Fakten zu schaffen. Weiter wird, drittens, unterschieden in die Phase der vertraglich festgelegten Umsiedlungen infolge der Legitimierung der Zwangsumsiedlungen in Potsdam Anfang August 1945. Damals beschlossen die Alliierten einen Bevölkerungstransfer und veranlassten seine geordnete und humane Umsetzung. Die Hochphase dieser vertraglich geregelten Umsiedlungen war im Jahr 1946. In den Folgejahren ging die Zahl der Zwangsausgesiedelten deutlich zurück. Unter den geflohenen, vertriebenen oder umgesiedelten Personen befanden sich mehrere hunderttausend Personen, die bereits 1940 im Rahmen der nationalsozialistischen ‚Heim ins Reich‘-Aktion gen Westen, auf besetztes polnisches Territorium, verbracht worden waren.

Welche Begrifflichkeiten setzten sich nun angesichts der komplexen Ereignisgeschichte durch? Obwohl die Forschung zur Nachgeschichte von ‚Flucht und Vertreibung‘ in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat, fehlen noch immer Begriffsgeschichten, die zeigen, wie sich die Selbst- und Fremdbezeichnungen der betroffenen Personen über die Zeit verändert haben. Über die Zeitschriften der Vertriebenenorganisationen, die sich ab 1948/49 gründen durften, lässt sich ein grobes Bild rekonstruieren. Es zeugt von deutlichen Begriffswandlungen in den ersten Jahren nach Abschluss der Zwangsumsiedlungen und einer anschließend einsetzenden Zementierung des Vertriebenenbegriffs.

Selbst­be­zeich­nun­gen: Von Umsied­ler:innen und Flücht­lin­gen

Zunächst lässt sich festhalten, dass die unter dem NS-Schlagwort ‚Heim ins Reich‘ auf Territorien des sogenannten Altreichs und die annektierten Gebiete verbrachten unterschiedlichen Gruppen, die von den NS-Behörden als ‚Umsiedler‘ bezeichnet wurden, auch nach Kriegsende den Begriff ‚Umsiedler‘ beibehielten. Ein Beispiel dafür sind die Bukowinadeutschen, die sich – sobald politische Organisationen in der BRD zugelassen waren – als Landsmannschaft der deutschen Umsiedler aus der Bukowina gründeten. Die Gruppe aus dem benachbarten Bessarabien nannte sich in der Anfangszeit Gemeinschaft der deutschen Siedler aus Bessarabien. Doch innerhalb kurzer Zeit begannen beide Gruppen, den Begriff Umsiedlung zunehmend zugunsten des Vertriebenenbegriffes abzustreifen, da er politisch relevanter wurde. Bereits im Jahr 1950 fand der Terminus Umsiedler in den Organen der betroffenen Gruppierungen kaum mehr Verwendung, wie eine Auswertung der Zeitung Der Südostdeutsche (Publikation der Buchenlanddeutschen) ergab. Auch für den überregionalen Ostdienst und das Ostpreußenblatt (Organ der großen Landsmannschaft der Ostpreußen) galt dies. Die Begriffe Umsiedlung und Umsiedler verschwanden aus dem westdeutschen Sprachgebrauch.2

In den ersten Jahren nach dem Krieg war der Begriff des Flüchtlings zentral – in Politik und Gesellschaft sowie als Selbstbezeichnung. So kümmerten sich ‚Flüchtlingsämter‘, ‚Flüchtlingsverwaltungen‘ und ‚Länderkommissare für Flüchtlingswesen‘ um die Behebung des wohnungs- und sozialpolitischen Notstands. Sie errichteten ‚Flüchtlingslager‘ und organisierten Einquartierungen in Wohnungen und Häuser. Die Bewohner:innen konnten diese Einquartierungen nicht ablehnen, was mit dazu beitrug, dass weite Teile der einheimischen Bevölkerung die Zwangsmigrant:innen aus dem östlichen und südöstlichen Europa ablehnten (Kossert 2008). Die ‚Flüchtlinge‘ waren im Großen und Ganzen nicht willkommen. „Badens schrecklichster Schreck, der neue Flüchtlingstreck!!“ So lautete etwa die Aufschrift eines Plakats, das Bewohner:innen bei einem Fastnachtsumzug in Baden Ende der 1940er Jahre mit sich führten (Beer 2011: 127). Den Begriff Flüchtling verwendeten aber nicht nur Mehrheitsgesellschaft und Politik, sondern auch die Betroffenen selbst, wie eine Auswertung mehrerer Verbandszeitschriften zeigt. Zwischen 1950 und 1955 wird er darin als Eigenbezeichnung gebraucht, sowohl im redaktionellen Teil als auch in den Anzeigenteilen. Stellenanzeigen oder andere Inserate richteten sich dezidiert an ‚Flüchtlinge‘. Weiblich identifizierte Personen sprachen in Heiratsannoncen bis mindestens Mitte der 1950er Jahre von sich als ‚Flüchtlingsfrauen‘.

In der Verbandskommunikation trat der Begriff Flüchtlinge im Laufe der ersten Hälfte der 1950er Jahre als Eigenbezeichnung zurück. Er bezog sich in den eigenen Zeitschriften und der allgemeinen Öffentlichkeit mehr und mehr auf Geflüchtete aus der DDR. Angesichts der ‚Flüchtlinge aus der Sowjetzone‘, wie in der Bundesrepublik jene nach Westdeutschland migrierenden Bürger:innen nach der ostdeutschen Staatsgründung genannt wurden, verlor der Flüchtlingsbegriff seine Distinktionskraft. Nun setzte sich der Terminus Vertriebene – auch Heimatvertriebene – in den redaktionellen Teilen der Vertriebenenorgane durch. Hermann Bausinger, zentrale Figur der bundesrepublikanischen Volkskunde, konstatierte 1972, der Begriff Flüchtling sei zuerst sehr präsent gewesen, sei dann aber durch ‚Heimatvertriebene‘ abgelöst worden (zitiert nach Hahn/Hahn 2010: 174). Mit zunehmender Festigung der Lebensumstände grenzten sich Personen vom Flüchtlingsbegriff ab, weil sie ihn offenbar mit dem Zustand der frühen, absolut prekären Zeit assoziierten: „Ich bin doch kein Flüchtling mehr. Ich habe doch eine Wohnung und feste Arbeit.“ (Croon/Utermann 1958: 134) 3

Poli­ti­sie­rende Inte­gra­ti­ons­funk­tion in der Bundes­re­pu­blik

Eine Katalysatorfunktion für die Durchsetzung des Vertriebenenbegriffs gegenüber alternativen Bezeichnungen hatten Benennungen mit politischer Wirkungsmacht. So wurde bereits 1949 das Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte eingerichtet, das den Begriff Vertriebene durch seine (Begriffs-)Politiken festschrieb. Auch in den einschlägigen Gesetzen wurde der Begriff benutzt und Betroffenengruppen adaptierten ihn allmählich. Zu nennen sind das überaus wichtige Lastenausgleichsgesetz von 1952 (mit seinem Vorläufer des Soforthilfegesetzes von 1948) und das Gesetz für die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz – BVFG) von 1953. In letzterem wurden all jene als Vertriebene definiert, die ihren „Wohnsitz in den deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs nach dem Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 hatte[n] und diesen im Zusammenhang mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren“ hatten (Bundesminister der Justiz 1952: 449).

Für die Selbstbeschreibung von Umsiedler:innen, Geflüchteten und Zwangsumgesiedelten als Vertriebene spielte die 1950 verabschiedete Charta der deutschen Heimatvertriebenen ebenfalls eine wichtige Rolle. In diesem Schlüsseldokument der frühen Bundesrepublik deklarierten Vertreter unterschiedlicher Landsmannschaften – Frauen waren nicht darunter – ihr Selbstverständnis. Dazu gehörte das Bekenntnis zum Wiederaufbau eines geeinten Deutschlands und Europas, die Deklaration eines Racheverzichts, aber auch das Recht auf Heimat. Zwangsmigrationen wurden als Menschenrechtsverletzungen bezeichnet. Gefordert wurde das Rückkehrrecht. Zwar wird die Charta bis heute von den Vertriebenenverbänden als politisch progressiv dargestellt, doch in ihrem Kern bleibt ein Opfernarrativ eingeschrieben.

Für die Gruppen der organisierten Betroffenen ergab es zunehmend Sinn, sich unter den in der Öffentlichkeit immer dominanter werdenden Begriffen der Vertreibung und Vertriebenen zu organisieren. Die Anpassung an diese Begriffe machte sie im Diskurs der frühen Bundesrepublik erst sichtbar und reduzierte Missverständnisse in der Öffentlichkeit sowie mit Behörden. Mit den in der alten Heimat gepflegten Selbstbezeichnungen konnte die bundesrepublikanische Öffentlichkeit nämlich nicht viel anfangen: Waren Großgruppen wie die Sudetendeutschen bekannt, da sie in der Rhetorik der 1930er Jahre eine wichtige Rolle gespielt hatten, war es für kleinere Gruppen wie Zipser, Landler oder Ähnliche schwer, überhaupt von der Mehrheitsgesellschaft zugordnet zu werden (Kührer-Wielach et al. 2020).

Für die Selbstbeschreibung als Vertriebene spielte außerdem das größte zeithistorische Forschungsprojekt der frühen Bundesrepublik eine wichtige Rolle – die Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Vom damaligen Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte finanziert, sammelten Historiker um Theodor Schieder Augenzeug:innenberichte oder private Briefe und führten Befragungen durch, um die Zwangsmigration der Deutschen zu dokumentieren (Schieder 2004).4 Politischer Hintergrund war die Sammlung von Beweismaterial für Menschenrechtsverletzungen gegenüber ‚Vertriebenen‘ im Falle von Friedens- und Gebietsverhandlungen (Beer 1998: 345–389). Mit dem Projekt wurde das Thema Vertreibung in der westdeutschen Zeitgeschichtsschreibung zentral und der Begriff prominent platziert. Auch außerhalb des Wissenschaftsbetriebs war die Wirkung der Schieder-Dokumentation hoch. Zwar wurde die Dokumentation selbst eher spärlich verkauft, die ausgekoppelten Bände mit Einzelschicksalen fanden aber großen Absatz (Moeller 2002: 134).

Zudem legte die Großdokumentation die Grundlage dafür, die Zwangsumsiedlung der Deutschen, ‚die Vertreibung‘, vom Ergebnis des Heimatverlusts her zu kontextualisieren und zu erzählen. Da die Erklärung der Geschichte „wiederum in sehr hohem Maße davon ab[hängt, M.R.], wie die historischen Rohdaten kontextualisiert werden – zeitlich, geografisch und gesellschaftlich“ (Esch 2006: 96) –, schuf man ein einseitiges (Forschungs-)Narrativ, das deutsche Täter:innenschaft im Zweiten Weltkrieg auf mehreren Ebenen ausblendete. Diesem Narrativ zufolge begann ‚Vertreibung‘ zu dem Zeitpunkt, als Deutsche zu Opfern wurden. Der deutsche Vernichtungskrieg im Osten, sein ‚Auftakt‘ mit dem Polenfeldzug 1939 sowie der Holocaust wurden hingegen auf eigentümliche Art und Weise unsichtbar gemacht. Zudem wurden im Rahmen dieses Narrativs die verschiedenen Phasen der Flucht, der ‚wilden Vertreibung‘ und der vertraglich geregelten Vertreibung zu einem historischen Großereignis zusammengefügt.

Bis zur Arbeit Martin Broszats über die Kontinuitäten deutscher Polenpolitik aus dem Jahre 1961 wurde in der geschichtswissenschaftlichen Forschung „– wenn überhaupt – nur äußerst zaghaft auf Kausalzusammenhänge“ zwischen den Vertreibungen durch Deutsche und Vertreibungen der Deutschen hingewiesen (Lotz 2005: 598). Erst Ende der 1970er setzte sich der Blick auf diese Verkettungen in der Forschung durch, was jedoch nicht in die breitere Öffentlichkeit diffundierte. Die vorangegangenen Vertreibungen der einheimischen Bevölkerungen im östlichen Europa durch die Deutschen wurden in (West-)Deutschland lange Zeit nicht als solche bezeichnet und wahrgenommen (Wetzel 2005: 960). In bundesrepublikanischen Schulbüchern fanden sich zu den Zwangsumsiedlungen der polnischen Bevölkerung über lange Zeit keine Hinweise (Jacobmeyer 2004: 90). Außen vor blieb auch eine Einordnung in die Diskriminierungspolitik in Deutschland, die deutsche Jüd:innen zur Ausreise zwang – was als zwangsinduzierte Migration bezeichnet werden kann. Die Schulbuchforschung hat nachgewiesen, dass der Begriff Vertriebene nur auf deutsche Opfer angewandt wurde. Opfer der nationalsozialistischen Vertreibungspolitiken wurden mit anderen Begriffen bezeichnet (Wetzel 2005: 960).

Projekte mit identifikatorischen Anknüpfungspunkten sowie Top-down-Begriffspolitiken von Gesetzgebung und Ministerium trugen also maßgeblich dazu bei, dass die Betroffenen sich „zunehmend als eine Schicksalsgemeinschaft“ betrachteten (Ther 1998: 94). In einem ersten Schritt kann daher konstatiert werden, dass die Umsiedlung aus einzelnen Menschen eine Gemeinschaft machte (Röger/Weidle 2020: 13 am Beispiel der Bukowinadeutschen), weil sie alle die Erfahrung des Heimatverlusts und die damit oft einhergehende soziale Deprivation teilten – ein Prozess, der retrospektiv gesehen mehr zur Gruppenkohäsion beitrug als die vorherigen Bemühungen der entsprechenden nationalistischen Organisationen vor Ort (Dönninghaus et al. 2018). In einem zweiten Schritt konnten Gruppen in einer übergeordneten Gruppe der Vertriebenen aufgehen, woran ein ganzes Set an Medien und Praktiken der Erinnerung seinen Anteil hatte (Scholz et al. 2015).

Behar­rungs­kraft des Opfer­nar­ra­tivs

Dass sich der Begriff Vertriebene in den 1950er Jahren endgültig durchsetzte, zeigt nicht zuletzt der Einzug der Lemmata Vertreibung und Vertriebene in die erste nach dem Zweiten Weltkrieg erschienene Auflage des Brockhauses (1953–1958). Dabei wurden die Einträge schnell auf die Deutschen enggeführt (Der Große Brockhaus 1958: 173–175). Historiker:innen wie Stephan Scholz haben darauf hingewiesen, der Begriff Vertreibung besitze eine stark (christlich-)religiöse Konnotation (Vertreibung aus dem Paradies), was sich auch im Sprechen über deutsche Kriegserfahrungen in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg zeige (Scholz 2008: 292). Das deutsche Leiden und die ‚deutschen Opfer‘ waren ein wiederkehrendes Thema der Selbstverständigungsdebatten der frühen Bundesrepublik. Formulierungen wie ‚Blutopfer‘, die direkt auf religiöse Rituale verwiesen, waren dabei ebenfalls präsent (Belke 2008: 145). Andere Autor:innen weisen auf die moralische Aufladung des Begriffs hin, da die aus dem Dunstkreis der ‚Vertriebenen‘ stammenden Autor:innen die Vertreibung sowohl als rein deutsches Problem als auch als einmaliges Martyrium darstellten (Ther 1998: 91).

Trotz dieses ideologischen Gepäcks dominiert die Bezeichnung Vertriebene beziehungsweise das Begriffspaar Flüchtlinge und Vertriebene bis heute. Sie sind tief im Sprachgebrauch verankert und zur Chiffre geronnen (vgl. Beer für das zusammenhängende Begriffspaar Flucht und Vertreibung 2011: 13–22). Auch die Öffnung der Vertriebenenforschung in den Jahrzehnten nach 1990 in Richtung einer komparativen Geschichte von Zwangsmigration – nach langen Jahrzehnten der national-selbstbezogenen, Opfergeschichten (re)produzierenden Forschung – konnte an den eingeschliffenen Begriffspraktiken in der breiteren Öffentlichkeit wenig ändern (Ther 2011; Schwartz 2013; Brandes et al. 2010). Alternative, weniger emotional aufgeladene Begriffe, beispielsweise Zwangsmigration, sind zwar in den wissenschaftlichen Schriften üblich, doch scheint ihnen für die öffentliche Selbstverständigung in der Bundesrepublik die Überzeugungskraft und die Trennschärfe zu anderen Begriffen zu fehlen.

Es zeigen sich nicht zuletzt Beharrungskräfte der geschaffenen politischen (Begriffs-)Strukturen: Mehrere Bundesländer kennen Beauftragte für ‚Heimatvertriebene und Spätaussiedler‘ (Hessen) oder ‚Aussiedler und Vertriebene‘ (Bayern), der Bund belebte die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in den 2020er Jahren wieder, und nach langem Ringen eröffnete 2021 an prominentem Ort in Berlin das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung, das zwar im Gegensatz zum ersten Entwurf, den der Bund der Vertriebenen Anfang der 2000er Jahre vorlegte, einen komparativen Blick einnimmt, aber dafür Flucht und Vertreibung prominent im Titel trägt.

Vertrei­bung als konfron­ta­ti­ver Termi­nus im Kalten Krieg

Während sich der Begriff Vertreibung in der Bundesrepublik verfestigte, und damit auch die Opferperspektive, wurden in der DDR und den Ländern, aus denen Deutsche flüchteten oder auf behördliche Anweisung deportiert wurden, andere Begriffe verwendet. In der DDR vermieden Behörden und in der Folge Medien und Wissenschaft den Begriff Vertreibung konsequent, da in ihm die Unrechtmäßigkeit des Geschehens mitschwang. Die Begriffe Flüchtlinge und Vertriebene konnten sich nicht etablieren. Bereits 1945 benutzten Behörden der Sowjetischen Besatzungszone durchgängig den Begriff Umsiedler. Kurze Zeit später hießen die ‚Umsiedler‘ dann ‚Neubürger‘. Im Jahr 1949 hob die Politik jegliche begriffliche Differenz zwischen Alteingesessenen und Neuankömmlingen im offiziellen Sprachgebrauch auf und titulierte alle als ‚Staatsbürger‘ (Handro 2004: 184). Diese Sprachpolitik ging so weit, dass sogar der westdeutsche Bund der Vertriebenen in der DDR nicht mit seinem Eigennamen genannt, sondern als ‚Umsiedlerorganisation‘ bezeichnet wurde, um den Vertriebenenbegriff zu vermeiden (Amos 2006: 23).

In den staatssozialistischen Ländern Polen und Tschechoslowakei, aus denen der Großteil der Personen stammte, die in den bundesdeutschen Statistiken als ‚Vertriebene‘ gezählt wurden, beobachteten Politiker:innen und Wissenschaftler:innen die bundesrepublikanische Begriffsverwendung aufmerksam. Sie rief in all ihrer emotionalen Aufladung und direkten Anklage Widerstand hervor. Beide Termini, Flucht und Vertreibung, waren sehr umstritten (Benthin 2007; Kolář 2005: 925–940). Der Streit um die Begriffe war „nicht nur historisch, sondern auch hochgradig politisch“ und hat „den deutsch-polnischen und auch deutsch-tschechischen Dialog […] außerordentlich erschwert“ (Ther 1998: 89). Der polnische Historiker Włodzimierz Borodziej sieht „‚Vertreibung‘ [als] eine[n] Schlüsselbegriff und Symbol des polnisch-westdeutschen Nachkriegskonfliktes“. Und so habe sich die polnische Begriffsgeschichte „als Reflex und Reaktion auf die deutsche entwickelt“ (Borodziej 2003: 90, 88).

Entsprechend der offiziellen Geschichtspolitik und in negativer Reaktion auf die westdeutsche Begriffsverwendung benutzten öffentliche Akteur:innen und die Bevölkerung in der Volksrepublik Polen euphemistische Begriffe wie Aussiedlung und Transfer, wenn sie von der Zwangsmigration der Deutschen sprachen. Die polnische Gesellschaft nahm den Begriff der Vertreibung als stark wertend wahr, da er brutale Gewalt implizierte. Entsprechend hätten ihn Pol:innen nur distanziert benutzt (Nasalska 2004: 70). Insbesondere mit der Formulierung ‚wiedergewonnene Gebiete‘ sei ein emotional besetzter Gegenbegriff geschaffen worden, der stark mit der Vorstellung von historischer Gerechtigkeit verknüpft worden sei. Eng mit dem Streit um die ‚richtigen‘ Begriffe verknüpft war auch die Frage nach der Verantwortung: In Polen dominierte das „Potsdamer Modell, wonach alle Verantwortung den Alliierten zugeschoben wurde“ (Ciesielski 2006: 1). In der Bundesrepublik hingegen rückten Politiker:innen die Schuld der osteuropäischen Staaten in den Fokus. In der tschechoslowakischen Öffentlichkeit dominierte vor allem der Begriff odsun, das heißt Abschub (Wetzel 2005: 959), der ähnlich wie die in Polen üblichen Begrifflichkeiten deutlich harmloser als das Wort Vertreibung wirkte.

Erst nach 1989 konnte sich in den ehemals staatssozialistischen Ländern ein freierer Umgang mit den Termini entwickeln. Nach den intensiven Forschungskooperationen der 1990er und 2000er Jahre zwischen Deutschland und Polen sowie Deutschland und Tschechien bezweifelten Wissenschaftler:innen, „ob die Wortwahl heute noch eine politische und moralische Bedeutung hat“ – für die breitere Öffentlichkeit, die Politiker:innen und auch Wissenschaftler:innen des jeweiligen Landes (Wetzel 2005: 960). Für die polnische geschichtswissenschaftliche Zunft schien „der Streit um Begriffe seinen Sinn verloren“ zu haben, so Borodziej im Jahr 2003 (Borodziej 2003: 95). Auch polnische Historiker:innen benutzen seit den 1990er Jahren den Terminus Vertreibung (Nasalska 2004: 70), teils zur Kennzeichnung der Phase der ‚wilden Vertreibungen‘, teils synonym zu ‚Zwangsmigration‘ oder ‚Aussiedlung‘ (Nitschke 2003: 29). Polnische Schulbücher der 1990er und 2000er Jahre aber verwendeten den Begriff Vertreibung nur distanziert, häufiger waren Termini wie Aussiedlung, (Zwangs-)Umsiedlung und (Zwangs-)Evakuierung (Jacobmeyer 2004: 88). Dabei war die synonyme Verwendung weder damals noch heute Konsens.

Die polnische Historikerin Bernadetta Nitschke, die eine der wichtigsten ereignisgeschichtlichen Studien über die Zwangsaussiedlung der Deutschen vorlegte, befand die Begriffssuche für andauernd (Nitschke 2003: 29). Die geschichtspolitischen Veränderungen der letzten Jahre, die eigene Opfererfahrungen stärker akzentuiert (sehen möchte), und die polnische Beteiligung an Gewaltausübung dafür in den Hintergrund gerückt sehen will, und die seit der Regierungsübernahme der (rechts-)populistischen Partei Prawo i Sprawiedliwość (Recht und Gerechtigkeit) 2015 forciert werden, unterstreichen diesen Befund der Vorläufigkeit.

Fazit

In der Bundesrepublik setzten sich die Begriffe Vertreibung und Vertriebene durch, um die Zwangsmigration von Deutschen im Zuge des Zweiten Weltkriegs und die davon Betroffenen zu bezeichnen. Top-down-Benennungen des zentralen Ministeriums und gesetzliche Definitionen, flankiert durch wissenschaftliche Großforschungsprojekte der Zeit, verdrängten alternative Begriffe weitgehend, mehr noch: Politische Setzungen etablierten den Begriff Vertreibung in der Öffentlichkeit und bis hinein in standardisierende Konversationslexika. Eine systematische Auswertung der Selbstbezeichnungen der Betroffenen steht noch aus. Erste Befunde deuten jedoch darauf hin, dass die Betroffenen den Vertriebenenbegriff durchaus übernahmen, um einen Zustand des Angekommenseins gegenüber dem Flüchtlingszustand zu markieren.

Ein vergleichender Blick in Enzyklopädien der DDR zeigt, wie stark Begriffsverwendungen von politischen Rahmungen geprägt wurden: In den Lexika fanden sich keinerlei Einträge zu ‚Vertreibung‘ und ‚Vertriebene‘, aber auch nicht zu ‚Flucht‘, ‚Flüchtling‘ oder ‚Umsiedlung‘ und ‚Umsiedler‘. In Polen und der Tschechoslowakei wiesen Politiker:innen und Wissenschaftler:innen den Begriff der Vertreibung zu Zeiten des Staatssozialismus mit all seinen moralischen Implikationen zurück, verstanden ihn gar als Kampfbegriff. Ihm wurden euphemistischere Begriffe entgegengesetzt, etwa ‚Ausweisung‘ oder ‚Abschub‘. In den 1990er und 2000er Jahren schienen diese begrifflichen Differenzen nach intensiven geschichtswissenschaftlichen Kooperationsprojekten zwischen den Historiker:innen der Länder beigelegt, wenngleich Begriffstraditionen in den einzelnen Ländern fortgeführt wurden.

In den letzten Jahren jedoch haben erinnerungspolitische Debatten um Opfer- und Täter:innenschaft zwischen den Ländern wieder an Dynamik gewonnen. Sie beziehen sich vor allem auf den Zweiten Weltkrieg, die Besatzungszeit und den Holocaust. Ihr mittel- und langfristiger Einfluss auf die Verwendung der Begrifflichkeiten bleibt allerdings abzuwarten.

Lite­ra­tur

Zum Weiterlesen

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Röger, Maren (2022): „Vertreibung als integrativer und konfrontativer Terminus im Kalten Krieg“, in: Bettina Bannasch/Doerte Bischoff/Burcu Dogramaci (Hg.), Exil, Flucht, Migration: Konfligierende Begriffe, vernetzte Diskurse?, Berlin/Boston: De Gruyter, S. 217–230.

Schieder, Theodor (Hg.) (2004): Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa. Gesamtausgabe in 8 Bd., München: dtv.

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Wetzel, Frauke (2005): „Missverständnisse von klein auf? Die Vertreibung der Deutschen in tschechischen und deutschen Geschichtsbüchern“, in: ZfG 53/10, S. 955–968.

Fußno­ten

  1. 1

    Eine erste Version dieses Aufsatzes wurde 2022 im Jahrbuch für Exilforschung publiziert: Röger, Maren (2022): „Vertreibung als integrativer und konfrontativer Terminus im Kalten Krieg“, in: Bettina Bannasch/Doerte Bischoff/Burcu Dogramaci (Hg.), Exil, Flucht, Migration: Konfligierende Begriffe, vernetzte Diskurse? Berlin, Boston: De Gruyter, S. 217–230. Dessen Herausgeberinnen danke ich für die Möglichkeit, den Aufsatz für das Inventar der Migrationsbegriffe zu überarbeiten.

  2. 2

    Der Südostdeutsche. Buchenlanddeutsche Zeitung mit ständigen Berichten über die Südostdeutschen, über und aus Südost- sowie Osteuropa und über die Bukowiner in aller Welt. Augsburg 1950–heute. Deutscher Ostdienst [DO]. Nachrichtenmagazin des Bundes der Vertriebenen, Bonn 1959–heute. Der Vorgänger des Deutschen Ostdiensts war die Vertriebenen-Korrespondenz [VK]. Informationsdienst des Bundes der Vertriebenen Deutschen. Ausgabe A und B. Bonn 1950–1959. Das Ostpreußenblatt. Unabhängige Wochenzeitung für Deutschland. Hamburg 1950‒2003.

  3. 3

    Die zitierte Interviewpassage entstand während der von Croon und Utermann in einer Gemeinde des nördlichen Ruhrgebietes zwischen 1950 und 1952 durchgeführten Studie. Der hier zitierte junge Bergmann stammte aus Ostpreußen. Um diese ersten Befunde zu vertiefen, steht noch eine systematische Auswertung der Selbstbezeichnungen der Betroffenen aus.

  4. 4

    Eine unveränderte und unkommentierte Neuauflage ist 2004 erschienen.

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